Mit relativ hohen Erwartungen kamen wir im nördlichen Teil Patagoniens an, v.a. freuten wir uns auf die „Ruta de los siete Lagos“ (Sieben Seen Straße). Dieser 100 km lange Abschnitt der Ruta 40 gilt als besonders malerisch, Hauptort der Region ist das viel gepriesene Bariloche.

Unsere Route:

Montag, 20.10.2025

Das Landschaftsbild änderte sich, überall gab es saftige Weiden mit Pferden, Ziegen und v.a. Rindern. Die Grundstücke waren riesig, teilweise stand nur eine einzige Hacienda in einem kompletten Tal, über hunderte Kilometer war rechts und links alles eingezäunt.

Unser Ziel war der Skulpturenpark „Via Christi“ des Künstlers Alejandro Santana in Junín de los Andes, der in 23 Stationen das Leben und Wirken Jesu Christi anhand von Stahlbetonskulpturen darstellt. Die letzte Station ist der Cristo Luz, eine 52 Meter lange Eisen- und Glaskonstruktion am Ende eines steilen Serpentinenweges. Auch wenn man am eigentlichen Thema kein Interesse hat, empfanden wir es als einen lohnenden Besuch. Den Aufstieg zum Christo Luz haben wir uns allerdings geschenkt.

Einen Stellplatz in dem Ort zu finden war nicht ganz einfach, die beiden vorhandenen Campingplätze waren für uns wegen einer Brücke mit 3,5 t Beschränkung nicht erreichbar. Viel verpasst haben wir damit aber auch nicht… Schlußendlich parkten wir in einer Seitenstraße direkt am Rio Chimehuin und hofften auf eine ungestörte Nacht.

Dienstag, 21.10.2025 bis Donnerstag, 23.10.2025

Durch das landschaftlich tolle Tal des knallblauen Rio Limay näherten wir uns Bariloche. Es wurde gebirgiger, wir hatten schöne Aussichten auf verschneite Andengipfel, überall waren Angler am Wasser, Autoverkehr war kaum vorhanden. Am Aussichtspunkt „Anfiteatro“ liessen wir die Drohne steigen, die dort angeblich lebenden Guanakos und Vicuñas bekamen wir aber auch aus dieser Perspektive nicht zu sehen.

Dina Huapi liegt 15 km vor Bariloche und bietet für Autos wie Ingo den einzig möglichen sicheren Stellplatz in der Gegend. Der Camping Club Danés ist riesengroß, hat super nette Betreiber, leider aber teilweise auch einen kleinen Instandhaltungs-Rückstand.

Mit Uber waren wir in 20 Minuten in Bariloche, einem lt. Reiseführer „magischen Ort“ und einem der Top Ziele Argentiniens. Um es gleich vorwegzunehmen, am Besten gefiel uns die Stadt aus der Entfernung. Der Blick über den Lago Nahuel Huapi auf die Gebirgskette mit dem Ort im Vordergrund war wirklich hübsch.

Selten war uns ein Ort sofort so unsympathisch wie das vielgerühmte Bariloche. Der Hauptplatz der Stadt, das Centro Civil, ist umgeben von Steinhäusern aus dem Jahre 1940, in der Mitte steht eine Reiterstatue des früheren Präsidenten Julio Argentina Roca (der im 19. Jhd. an einem Genozid an der indigenen Bevölkerung beteiligt gewesen sein soll). Der Architekt Ernesto de Estrada war ganz offensichtlich stark inspiriert von Ländern wie der Schweiz oder Österreich, gut, dass die argentinische Flagge wehte, man hätte leicht vergessen können, wo man sich befindet…

Umgeben war der Platz von mehr oder weniger hässlichen Gebäuden, insgesamt war die Stadt aus unserer Sicht eine einzige städtebauliche Katastrophe. In der angrenzenden Einkaufsstraße wechselten sich Souvenirshops, Outdoor- und Schokoladengeschäfte ab, letztere ein Überbleibsel der deutschen und schweizer Einwanderer im 19. Jhd., die die indigene Bevölkerung aus der Gegend vertrieben (s.o. Genozid unter Präsident Roca).

Die besten Anlaufpunkte in Sachen Schokolade sind angeblich das durchgestylte „Rapanui“ (mit eigener Eislaufbahn im Café 🫣) und das „Mamuschka“ ein paar Meter weiter. Die russischen Puppen waren uns etwas sympathischer, unseren Nachmittagskaffee nahmen wir daher im eher ungemütlichen Café des Mamuschka ein. Auch wenn der Hauptaugenmerk ganz offensichtlich auf dem Verkauf teurer Pralinenpackungen lag, die Petit Fours waren ein Gedicht !

Nach zwei Stunden hatten wir genug gesehen, die Stadt hatte eine komische Aura. Ständig wurde man von Geldwechslern angesprochen, es gab einen überdurchschnittlich hohen Anteil junger Männer auf der Straße, von der bisherigen Offenheit und Freundlichkeit der Argentinier war hier nichts zu spüren.

Trotzdem blieben wir eine zweite Nacht auf dem Campingplatz, Bariloche suchten wir aber kein zweites Mal auf, es stand ein Wasch- und Servicetag an…

Donnerstag, 23.10.2025

Bei kaltem aber halbwegs sonnigem Wetter starteten wir in Richtung der sieben Seen, die wir eine Stunde später bei mieser Sicht und leichtem Regen erreichten. Toll…

Startpunkt der „Ruta de los siete lagos“ ist das ganz hübsche (und sehr volle) Villa La Angostura, natürlich unglaublich touristisch, im Gegensatz zu Bariloche aber wenigstens in einheitlicher Alpenarchitektur. Wie schon sehr häufig fand sich auch hier am Ortseingang das hochoffizielle Schild „Las Malvinas son Argentinas“ – die Falkland Inseln sind argentinisch.

Eigentlich wollten wir das Wetter im südlichen Teil der Strecke 2-3 Tage aussitzen, fast alle offiziellen Campingplätze waren aber noch bis 01. November geschlossen und frei stehen im gesamten Nationalpark Nahuel Huapi nicht erlaubt. Die entsprechenden Schilder überall waren nicht zu übersehen, außer brav am Tisch sitzen war eigentlich überall alles verboten.

Bei den wenigen geöffneten Campingplätzen stimmte das Preis-Leistungsverhältnis aus unserer Sicht in keinster Weise, es blieb uns nichts anderes übrig als weiter Richtung Norden zu fahren. Von den sieben Seen sahen wir die Lagos Correntoso und Espejo im Nieselregen, bevor wir auf etwa der Hälfte der Gesamtstrecke einen Stellplatz am Rio Pichi Traful erreichten, an dem Camping tatsächlich offiziell erlaubt ist.

Kaum angekommen setzte ergiebiger Regen ein, der auch über Stunden nicht mehr nachließ. Irgendwie stand die gesamte Region für uns nicht unter einem so besonders guten Stern. U.a. für das Vorhaben „Bariloche und das Seengebiet“ hatten wir uns online die ziemlich teure Jahreskarte für argentinische Nationalparks gekauft – die dann noch nicht einmal irgend jemand sehen wollte…

Anmerkung zur Nationalpark Jahreskarte: Das gute Stück kostet pro Person umgerechnet € 130,00, von den 38 Parks des Landes sind gerade einmal 12 enthalten, da der Eintritt in die teilweise sehr teuren Parks aber tageweise erhoben wird, rechnet sich der Kauf nach ungefähr 4 Tagen. Vorausgesetzt, es wird kontrolliert…

Freitag, 24.10.2025

Über Nacht war der Schnee deutlich näher gekommen, die umliegenden Berge waren sehr viel mehr mit Puderzucker überzogen als noch am Vortag. Entgegen der Wettervorhersage schien aber ab und zu die Sonne, wir änderten unseren ursprünglichen Plan und fuhren zum Endpunkt der 7 Seen Route nach San Martín de los Andes. Die Strecke war landschaftlich schön und ganz viele andere Menschen und wir hatten tolle Aussichten auf die verschneiten Berge.

Unterwegs gab es diverse Aussichtspunkte auf die Seen, leider viele davon so zugewachsen, dass man nur mit Glück eine Lücke im Buschwerk fand, um auf den See zu schauen, im Falle des Lago Escondido noch nicht einmal das… Gemeinsam mit einer großen Schafherde genossen wir den Blick auf den hübschen Lago Villarino, die Aussicht auf den gegenüberliegenden Lago Falkner (unser Favorit) teilten wir dann wieder mit ganzen Busladungen voller Menschen. Der Mirador am anschließenden Lago Machónico war dann leider wieder eher ein Fall für Botaniker und weniger für Landschaftsliebhaber.

Mit dem Lago Lácar erreichten wir nachmittags den letzten der sieben Seen und damit San Martín de los Andes. Die Stadt sah aus wie jede andere in jedem x-beliebigen Skiort in irgendeinem Gebirge der Welt, trotzdem war sie hübsch, es gab nette Geschäfte und verlockende Gastronomie. Leider war alles geschlossen. Zwischen 13.00 und 17.00 haben alle Läden zu, die Restaurants öffnen erst wieder um 20.00. Diese Tatsachen in Verbindung mit nur sehr suboptimalen Stellplatzmöglichkeiten in der Stadt und einem eisigen Wind, der durch die Straßen fegte, machten die Entscheidung leicht, nach einem ausgedehnten Stadtbummel fuhren wir zurück zum Rio Pichi Traful.

Samstag, 25.10.2025 bis Montag, 27.10.2025

Nach einer absolut ruhigen Nacht beendeten wir unsere Runde durch das Seengebiet, fuhren erneut nach San Martín und von dort 45 km lang über eine fast schon autobahnähnliche unbefestigte Straße Richtung chilenischer Grenze. Wir hatten Glück, offensichtlich war die Piste im Zuge der Saisonvorbereitungen gerade erst planiert worden und in den meisten Teilen hervorragend zu fahren.

Unser Ziel war ein kostenloser Campingplatz im Nationalpark Lanin, etwa 15 km von der Grenze entfernt. Der Platz lag malerisch an der Mündung des Rio Chachin in den Lago Nonthué, auf dem weitläufigen Gelände wimmelte es von unterschiedlichen Vögeln, Schafen incl. Lämmern und Pferden. Die beiden zu überwindenden Brücken mit Holzbelag hielten Ingos Gewicht stand, eigentlich alles super. Bis auf das Wetter, es regnete Bindfäden, gerade noch im Trockenen schafften wir einen kurzen Erkundungsspaziergang.

Montag werden wir wieder in Chile einreisen. Wir haben uns für den kleinen Grenzübergang über den Paso Hua-hum entschieden, die Fähre über den im Anschluß liegenden Lago Pirihieoco ist gebucht, eine Straße nach Chile gibt es an dieser Stelle nicht.

Damit endet unser zweiwöchiges Intermezzo in Argentinien. Prinzipiell hat es uns gut gefallen, nur das hochgelobte Seengebiet um Bariloche war nicht so unser Ding. Wir empfanden die Gegend zwar als hübsch (bis auf Bariloche), insgesamt aber als sehr überbewertet und außerordentlich touristisch. In der Saison möchten wir uns die Autoschlangen in beide Richtungen nicht vorstellen, den Füllegrad in den drei Hauptorten schon gar nicht. Die Region bietet neben den sieben Hauptseen noch diverse etwas abgelegenere Gewässer, vielleicht sollte man sich eher darauf konzentrieren.

Unsere weitere Route führt in Chile u.a. über die Carretera Austral weiter Richtung Süden, bevor wir wieder nach Argentinien wechseln. Wie immer sind wir gespannt und freuen uns !

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Tanja und Gunnar
Tanja und Gunnar
20 Tage zuvor

Das Wetter ist so allentscheidend und wenig Touristen. Beides zugleich geht wohl nicht. Der JP wird sich bestimmt noch „rechnen“. Toitoi mit der Fähre und gute Weiterfahrt in Chile.

Gerd Rother
Gerd Rother
20 Tage zuvor

👍👍

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