Sehr früh verließen wir Cartagena. Wir hofften, so dem Verkehrschaos etwas zu entgehen. Es klappte nur bedingt.

Unsere Route:
Donnerstag, 06.03.2025 bis Samstag, 08.03.2025
Mit dem ersten Tageslicht saßen wir im Auto und stürzten uns in Getümmel. Die PKW und Busse waren nicht das Problem, LKW gab es sowieso eigentlich nicht, richtig anstrengend waren die unglaublich vielen Mopeds. Sie fuhren kreuz und quer, ohne Rücksicht auf Verluste, Verkehrsregeln und rote Ampeln wurden komplett ignoriert. Zum Glück dachten die meisten mit und schätzten die jeweiligen Situationen richtig ein, stressig war es trotzdem… Die Bilder können nur eine vage Vorstellung vermitteln.



Unser erstes Ziel war der nur 20 Km entfernte Camping Jardin, wir brauchten einen Platz, um Ingo wieder reisefertig zu machen. Eigentlich alles ganz nett, leider war es insgesamt aber viel zu warm und die Stech- und Beißtierpopulation machte das Leben auch nicht entspannter. Dafür trafen wir Anja und Jan wieder und lernten die Reiseleiter einer 7 Monate dauernden Gruppenreise für Wohnmobile kennen. Neben ein paar nützlichen Tipps erhielten wir von den beiden interessante Einblicke in eine völlig andere Art des Reisens.


Samstag, 08.03.2025
Strecke machen stand auf dem Programm. Durch die Verzögerung bei der Verschiffung fehlen uns ungefähr 3 Wochen, wir strichen den gesamten Norden und Osten aus unserer Reiseplanung und fuhren zügig Richtung Medellin. Immerhin 250 Km schafften wir an diesem Tag, die Strecke führte zum größten Teil über top ausgebaute Straßen nach Süden, leider mit sehr viel Müll rechts und links. Am Nachmittag erreichten wir den kleinen Bauernhof „Finca Aura Viva“ etwas abseits der eigentlichen Route. Zwar waren die Besitzer extrem freundlich, sogar zwei Hängematten wurden für uns gespannt, trotzdem hatte sich der kleine Umweg nicht wirklich gelohnt. Für eine reine Zwischenübernachtung zwar in Ordnung, aber dafür eigentlich zu weit weg von der Hauptstraße und natürlich eine am Ende etwas ätzende Anfahrt durch Kabel und Geäst. Selbst schuld, wir waren außer Übung…





Sonntag, 09.03.2025
Kolumbianische Hähne schlafen nicht. Was wir beim Camping Jardin schon geahnt hatten, bestätigte sich auf der Finca. Irgend so ein gefiedertes Mistvieh krähte mit ein paar Unterbrechungen die gesamte Nacht. Entsprechend unausgeschlafen starteten wir zu den nächsten 250 Km. Die meiste Zeit ging es durch Viehweiden so weit das Auge reichte, die dazugehörigen Rinder bekamen wir allerdings so gut wie nie zu Gesicht – seltsam. Dafür war die Strecke landschaftlich abwechslungsreich und fast durchgängig von blühenden Bäumen gesäumt.

Auf ungefähr der Hälfte des Weges erreichten wir eine ca. 2 Km lange „Waschstraße“. An mehreren Stationen wurde offensichtlich endlos vorhandenes Wasser aus den Bergen genutzt, um LkW Wäschen anzubieten. Wir nutzten die Gelegenheit und Ingo wurde von drei Jungs eine Stunde lang in Handwäsche vom Dreck und v.a. Salz der letzten Zeit befreit. So sauber war hauptsächlich das Fahrgestell wahrscheinlich seit der Auslieferung nicht mehr. Bezahlt haben wir dafür umgerechnet 12 € incl. Trinkgeld. Unglaublich!

Die Nacht verbrachten wir direkt an der Straße bei dem kleinen Hotel/Restaurant/Molkerei „El Sacorro“. Die Möglichkeiten auf der Strecke sind dünn gesät, laut ist alles, wenn man Glück hat, steht man wenigstens eben. Dafür war das Essen sehr lecker. Viel Auswahl hatten wir nicht, es gab mal wieder Reis, Bohnen und Huhn, vorweg eine Hühnersuppe mit Kartoffeln und zwei Bier. Bezahlt haben wir dafür zusammen 11 €, über die Preise konnten wir uns bis dahin insgesamt nicht beschweren. Bis auf die Maut, die schlug mit ca. 15 €/250 Km zu Buche, relativ teuer für ein Land, in dem z.B. der Liter Diesel ca. 0,60 € kostet.



Montag, 10.03.2025
Nach einer unglaublich lauten Nacht brachen wir um 8.00 auf und nahmen die kurvige Bergstraße Richtung Medellin in Angriff. Die Strecke war eigentlich gut fahrbar, das Problem waren die völlig hirnlos überholenden LKW und Busse. In Ermangelung von geraden Abschnitten immer vor der Kurve, natürlich ohne Sicht und eigentlich untermotorisiert. Doof, wenn dann Gegenverkehr kommt… Zum Glück ist nichts passiert, im Gegensatz zum Vortag, wo wir zwei Unfälle gesehen haben.




Wir schraubten uns hoch auf 2.500 m, nur um auf der anderen Seite der Passhöhe fast alles wieder herunterzufahren. Dafür war die Strecke aber landschaftlich schön, Möglichkeiten zum Anhalten gab es allerdings leider so gut wie keine. Wieder fuhren wir durch saftig grüne Weideflächen, diesmal mit den dazugehörigen Bewohnern. Insgesamt lebte diese Bergregion offenbar mehr oder weniger gut ausschließlich von Landwirtschaft und Viehzucht. Die wenigen Städte bestanden zur Hälfte aus Silos, riesigen Futtermittelgeschäften und Lagerhallen, die Ortsdurchfahrten waren herrlich breit und ohne niedrige Kabel.







Zu den Weideflächen eine Frage an die Leserschaft: Wozu sind die mit Plastikplanen überdachten Wege, die oft hunderte Meter lang über die Wiesen führen ? Uns erschloss sich der Sinn nicht wirklich.

Eine kurze Mittagspause machten wir an einem Restaurant mit schöner Aussicht ins Tal, direkt neben der Startwiese für Paraglider. Viel Flugverkehr herrschte zwar nicht, trotzdem eine nette Fahrtunterbrechung, v.a. endlich wieder bei normalen Temperaturen. Bei ca. 20° brauchten wir schon fast eine Jacke, seit Monaten hatten wir eigentlich immer um die 30° gehabt…


Nach insgesamt 230 Km und 8 Stunden Fahrt erreichten wir unser Ziel, die kleine Stadt Guatapé am Stausee Embalse Del Peñol. Der Ort ist bekannt für seine bunten Häuser mit Reliefsockeln und den 220 m hohen Monolithen El Peñol. Wir schlenderten nur noch kurz durch den netten Ort, eine genauere Erkundung und v.a. die Besteigung des Felsens über 700 Stufen 🫣 verschoben wir auf den nächsten Tag. Ingo parkte auf einem großen Parkplatz am Ortsrand, die Nacht würde sicherlich sehr viel leiser werden als die vorherigen.









Dienstag, 11.03.2025
So gut hatten wir schon lange nicht mehr geschlafen, leise und v.a. kühl, eine Wohltat ! Fast ausgeschlafen stiegen wir pünktlich zur Öffnung um 7.00 aus dem Taxi am Piedra Del Peñol, dem 220 m hohen und 10 Mio. Tonnen schweren Granitmonolithen etwas außerhalb. Frühsport stand auf dem Programm… Das gesamte Areal ist extrem touristisch vermarktet, auf dem Weg zur Kasse muss man zunächst an diversen Restaurants und Shops vorbei, zum Glück alle noch geschlossen.


Wir waren die ersten Besucher und hatten die 708 Stufen für uns alleine, der Aufstieg war weniger anstrengend als befürchtet und wir erreichten die Ebene kurz unter der obersten Plattform nach 15 Minuten. Und dann war bei Stufe 675 erstmal Schluss. Vom Personal für die unvermeidlichen Imbissbuden war noch niemand da und die Tür nach ganz oben war verschlossen. Gegen 8.00 erschien jemand mit Schlüssel, wir konnten die restlichen 33 Stufen auch noch gehen und wurden mit einer tollen Rundumsicht über den Stausee mit seinen vielen Inseln belohnt.













Als wir uns kurze Zeit später auf den Rückweg machten, lief bei den oberen Verkaufsbuden schon laute Musik, die Bässe von der Touristenmeile am Fuß des Felsens konnten wir bis zum Gipfel hören. Gut, dass wir so früh da waren… Mit dem TukTuk ging es zurück zu Ingo, erstmal Kaffee und Frühstücken 😉. Den späten Vormittag nutzen wir, um noch einmal durch das noch fast menschenleere Guatapé zu schlendern. Der Ort wurde im Zuge des Staudammbaus 1971 fast zur Hälfte überschwemmt und in den 80er Jahren in der heutigen Form wieder aufgebaut. Er gilt als der bunteste Ort Kolumbiens und ist ein Touristenmagnet, auch durch die günstige Lage zwischen den Millionenstädten Medellin und Bogotá.




















Übertroffen wurden die hübschen Häuser nur noch von den TukTuks, die stellten wirklich alles in den Schatten ! Die Stadt war voll mit den rollenden Kunstwerken, sowas wollen wir Zuhause in Deutschland auch. Und zwar inklusive der ganzen Anbauten, Lampen, Blinklichter und Hupen. Falls also jemand jemanden beim TÜV und/oder der Zulassungsbehörde kennt… 😉




Im Laufe der Zeit wurde es immer voller, als wir zu Ingo zurückkamen, wussten wir warum. Unser Zuhause stand in „guter Gesellschaft“ diverser Reisebusse, deren Insassen sich über die Stadt verteilten.

Irgendwann waren alle verschwunden, wir hatten den riesigen Parkplatz wieder für uns und freuten uns auf die zweite ruhige und kühle Nacht in Folge.
Mittwoch, 12.03.2025
Früh machten wir uns auf den Rückweg über die engen 30 Km bis zur Hauptstraße, es zahlte sich aus, der Gegenverkehr hielt sich in Grenzen. In Rionegro, dem ersten größeren Ort, legten wir einen Einkaufsstopp ein und bekamen wieder bestätigt, dass die paradiesischen Einkaufsmöglichkeiten vorbei waren. Die Supermärkte sind zwar teilweise gut sortiert, die Parkplätze dagegen nie für uns geeignet. Wir quetschten Ingo irgendwie in die Ecke des verwinkelten Parkplatzes, wurden dafür aber mit „deutschem“ Brot entschädigt. Wenigstens etwas…

Weiter ging es Richtung Medellin, leider gibt es keine Möglichkeit, die Stadt großräumig zu umfahren. Auf unserem Weg lag der 8 Km langer Tunél Oriente, der nur bis 3,5 t zugelassen ist. Das entsprechende Schild stand allerdings so dicht vor der Mautstation für den Tunnel, dass wir keine Chance mehr hatten umzudrehen. Ein Security-Mitarbeiter stoppte uns zunächst, telefonierte dann ein bisschen, checkte unsere Papiere, telefonierte nochmal und wir durften fahren. Puhh, Glück gehabt, es blieb uns ein ziemlich langer Umweg durch die Berge erspart.

Im Anschluss quälten wir uns durch das südliche Ende von Medellin. Die „Stadt des ewigen Frühlings“ hat mehr als 2,6 Mio. Einwohner, der Blick von oben war alles andere als frühlingshaft, eine dichte Dunstglocke lag über dem Tal.

Nachdem wir das Chaos hinter uns gelassen hatten, folgte wie bisher fast immer in Kolumbien, eine extrem kurvige Bergstraße. Kurve um Kurve arbeiteten wir uns vorwärts, bergauf, bergab, ständig überholt von LKW und Busfahrern, die offenbar die Fähigkeit hatten, um Kurven sehen zu können…



Von der eigentlich ganz hübschen Landschaft bekamen wir leider nicht viel mit. Entweder wir fuhren durch die Wolken oder es gab wie immer keine Möglichkeit zum Anhalten.




Nach insgesamt 8 Stunden für 150 Km reichte es uns, wir fuhren ein Restaurant direkt neben der Straße an. Das „Donde Dorita“ ließ uns auf dem Parkplatz übernachten, wenn wir dort essen würden. Das taten wir gerne, v.a. weil es tatsächlich andere Gerichte auf der Speisekarte gab als Reis und Bohnen 😉. Mal wieder stellten wir uns auf eine laute Nacht ein, erschwerend dazu kamen die Temperaturen. Das angenehme Klima in Guatapé auf knapp 2.000 m Höhe hatten wir verlassen, ca. 1.000 m niedriger bedeuteten ca. 10° wärmer.


Donnerstag, 13.03.2025
Es schläft sich einfach schlecht, wenn die ganze Nacht LKW 10 Meter am Bett vorbei donnern. Etwas übermüdet ging es weiter, wenigstens aber über top ausgebaute, fast gerade und ebene Straßen, was für eine Erholung nach den letzten Tagen !






Natürlich war es irgendwann vorbei mit der „Autobahn“, die letzten 30 Km zu unserem Ziel waren wieder kolumbientypisch. Eng, bergig und kurvig, davon die letzten 12 Km ganz besonders ätzend. Büsche und Bäume rechts und links, niedrige Äste, Ingos Dach war mal wieder flächendeckend begrünt…


Ohne größere Blessuren und mit zum Glück wenig Gegenverkehr erreichten wir nach einer Stunde das Valle de Cocora. Die Attraktion der Gegend ist Kolumbiens Nationalbaum, die Palma de Cera. Die Stämme der sog. Wachspalmen werden 15 bis 50 Meter hoch (selten 60 Meter) und haben einen Durchmesser von 20 bis 40 Zentimetern, sie wachsen sehr langsam, können mehrere hundert Jahre alt werden und gelten als höchste Palmenart der Welt. Die ausgewachsenen Palmen haben eine dicke Wachsschicht auf der Rinde, die Krone ist nahezu rund. Soviel zur Biologie 😉. Als wir ankamen, waren wir zunächst etwas geschockt, Tourismus hatten wir erwartet, aber nicht so…





Es wimmelte von instagram Motiven gegen Bezahlung, Souvenirshops, Restaurants und v.a. Pferdetouranbietern, das ganze Kaff stank nach Pferd und war matschig. Nicht so unser Ding. Wir parkten Ingo weg aus dem Getümmel auf einem riesigen Parkplatz direkt am Eingang zum Park, verschoben wetterbedingt den Besuch und die Wanderungen auf den nächsten Tag und begnügten uns zunächst mit den Gratispalmen um uns herum.




Freitag, 14.03.2025
Was für eine traumhafte Nacht ! Kühl, leise, fast keine Beleuchtung, alleine – perfekt ! Was leider nicht passte, war das Regentrommeln auf dem Dach, das uns morgens weckte. So hatten wir uns das nicht vorgestellt… Gegen 9.00 hörte es auf, wir gingen sofort los und waren fast alleine im Park. Die tiefhängenden Wolken und der Nebel taten der Sache keinen Abbruch, im Gegenteil, die Stimmung war fast schon mystisch. Von der 12 km Runde wurde uns wegen dem wetterbedingten Zustand der Wege abgeraten, wir begnügten uns mit ca. 5 Km durch die tolle Landschaft.














Auf dem Rückweg zu Ingo kamen wir an diversen „Fotomotiven vor Aussicht“ vorbei, ohne geht es wohl nicht. Ganze Busladungen mit Menschen kamen uns entgegen und der Parkplatz war wieder voll, u.a. mit Jeeps mit Kunstbananen auf dem Dach. Ähnlich wie schon beim Piedra Del Peñol empfanden wir diese extreme Vermarktung als etwas befremdlich, auch wenn wir natürlich immer Teil davon sind.





Insgesamt gefällt uns Kolumbien bisher sehr gut. Die Landschaften sind toll, die Menschen nett, wenn auch etwas distanzierter als in Zentralamerika und es gibt so gut wie keinen herumliegenden Müll. Seit wir die Gegend um Cartagena verlassen hatten, fahren wir durch ein auffallend sauberes Land 👍. Der Fahrstil ist gelinde gesagt gewöhnungsbedürftig, die Straßen meistens eng und kurvig und verstehen tun wir niemanden mehr. Das hier gesprochene Spanisch klingt für uns als blutige Anfänger oft wie eine völlig andere Sprache. Wir finden es sehr schade, dass wir diesem Land nicht mehr Zeit widmen können, es gäbe viel zu entdecken, aber Ende des Monats müssen wir schon nach Ecuador einreisen, unsere Heimflüge ab Quito sind gebucht.
Eine Anmerkung am Schluss: Wir wurden inzwischen mehrfach gefragt, warum wir nicht einfach von Panama nach Kolumbien gefahren sind. Ganz einfach, es geht nicht. Zwischen Zentral- und Südamerika liegt der Darién Gap, ein Urwaldgebiet ohne Straßen. Die Region ist der gefährlichste Abschnitt auf der stark frequentierten Flüchtlingsroute Richtung Norden, die Kriminalität ist extrem hoch (siehe dazu auch Wikipedia). In absehbarer Zeit ist nicht damit zu rechnen, dass die Lücke geschlossen wird, eine Fährverbindung zwischen den Kontinenten existiert auch nicht. Es bleibt also nichts anderes übrig als auf irgendeine Art zu verschiffen, kleine Autos im Container, größere per Roll-on-Roll-off oder per Flatrack.
Wieder schöne Bilder und eine kurzweilige Zusammenfassung. Der viele Regen nervt und dabei so warm.Guatape ist wirklich ein hübsches Örtchen. Danke.