Wenn man die drei Wochen in Cartagena nicht mitrechnet, waren wir in Kolumbien 2,5 Wochen unterwegs. Viel zu kurz für dieses schöne Land mit seinen freundlichen Menschen !

Unsere Route:

Samstag, 15.03.2025

Schweren Herzens verließen wir das Schlafparadies auf 2.500 m im Valle Cocora und fuhren weiter Richtung Süden. Kolumbiens Infrastruktur überraschte uns erneut, die Straßen waren zum größten Teil autobahnähnlich ausgebaut. Zwar schlug die Maut mit ca. 6 € auf 100 km zu Buche, dafür bekam man aber i.d.R. schlaglochfreie Straßen in vernünftigem Zustand.

Unser Etappenziel lag 1.500 m niedriger als das Valle Cocora und war damit wieder um 15° wärmer. Wir erreichten das Hotel Villa Bosco in Palmira bei viel zu warmen 31°, stellten Ingo in den Vorgarten zwischen Pool (natürlich mit lauter Musik) und 4-spuriger Straße und hofften auf wenigstens etwas Schlaf.

Sonntag, 16.03.2025

Nach einer überraschend leisen Nacht (auch Dank Ohrstöpseln) ging es weiter mit „Kolumbien im Schnelldurchlauf“. Die Strecke führte durch nicht enden wollende Zuckerrohrplantagen im Valle de Cauca, rechts und links bis zum Horizont nichts anderes als die meterhohen dicken Halme. Abtransportiert wird die Ernte mit den sog. Tren Cañero, Sattelschleppern mit bis zu fünf Anhängern, die zusätzlich zu den Erntemaschinen auf der Straße unterwegs sind.

Insgesamt keine besonders attraktive Gegend, das änderte sich allerdings schlagartig mit Verlassen der Hauptstraße. Wir bogen wieder in die Berge ab, durchquerten das für einen Sonntag völlig normal chaotische Piendamó und erreichten auf 2.500 m Höhe die Finca La Bonanza Chez Kika.

Leider wurde auch das Wetter mit jedem Höhenmeter schlechter, es war nass und mit 13° auch nicht wirklich warm. Der Herzlichkeit des Empfangs tat das keinen Abbruch, die marokkanischen Betreiber Kika und Anouar vermittelten uns sofort das Gefühl willkommen zu sein. Die beiden hatten auf 34.000 m2 ein kleines Paradies geschaffen, ausgestattet mit allem, was das Herz eines Reisenden begehrt. Leider regnete es sich ein und wir konnten die toll angelegten Gärten nur in kurzen trockenen Pausen genießen.

Montag, 17.03.2025

Regentage haben zumindest den Vorteil, dass man sich um Dinge kümmert, zu denen man sonst nicht so viel Lust hat. Putzen, Büroarbeit und Facility Management standen auf dem Programm. Abends wurden wir für diese Leistung mit von Anouar zubereiteten marokkanischen Tajines belohnt. Sehr lecker und eine nette Runde, auch wenn die französische Sprache am Tisch deutlich dominierte.

Zwischendurch erfuhren wir noch, dass die Panamericana Richtung Süden durch einen Erdrutsch auf nicht absehbare Zeit gesperrt war. Die Angaben für die Beseitigung der Felsmassen reichten von 2 Tagen bis mindestens 1 Woche. Eine Ausweichstrecke gab es zwar, allerdings war das eine Serpentinenstraße, stellenweise geschottert, zum Teil einspurig und mit Blockabfertigung im 30 Minuten Takt. Vor Mittwoch mussten wir uns aber sowieso nicht entscheiden, Dienstag wollten wir zunächst einen nahegelegenen indigenen Markt besuchen.

Dienstag, 18.03.2025

Das 15 km entfernte Silvia ist das Tor zur Region Guambía und damit Heimat einer der traditionellsten indigenen Gruppen Kolumbiens, der Misak. Die Gemeinschaft spricht ihre eigene Sprache und hat ein eigenes Rechts-, Gesundheits- und Bildungssystem. Die traditionelle Kleidung besteht für Männer aus einem blauen Rock und schwarzem Pocho mit rosa Bordüre, die Frauen tragen schwarze Röcke und je nach Familienstand unterschiedliche Kopfbedeckungen. Die meisten Misak leben in abgelegenen Bergregionen, Dienstags kommen sie aber zum Markt in Silvia zusammen. Kika lud 6 Erwachsene und 4 Kinder in und auf ihren Pickup, fuhr mit uns nach Silvia und begleitete uns über den Markt.

(Die zwei Herren hinten in der Mitte kamen nicht mit)

Getrübt wurde der Ausflug zu Beginn dadurch, dass offensichtlich jemand die Polizei alarmiert hatte, die in Silvia schon auf uns wartete. Kika sollte umgerechnet 140 € bezahlen, weil sie zu viele Menschen in ihrem Auto transportierte (das letzte Wort in dieser Sache war allerdings noch nicht gesprochen). Es ist in Kolumbien eine völlig normale Tatsache, dass die Autos gesteckt voll mit Menschen sind, auch bis zu 5 Personen auf einem Moped sind keine Seltenheit. Sehr unschön ! Sie ließ sich aber die Laune nicht verderben, der anschließende Rundgang durch die Markthallen war informativ, lustig und lehrreich.

Danke Kika !

Auffällig war die entspannte Stimmung auf dem gesamten Markt. Kein Geschrei, kein aufdringliches Anpreisen irgendwelcher Waren, sehr angenehm. Vielleicht lag es aber auch daran, dass sehr viel weniger Menschen als üblich zwischen den Ständen unterwegs waren. Kolumbiens Präsident hatte zu Demonstrationen aufgerufen, ganze Busladungen waren dem gefolgt und hatten sich auf den Weg nach Medellin, Bogota und Cali gemacht, um für eine Änderung im Gesundheitssystem zu protestieren.

Zurück fuhren wir zu viert mit dem Taxi, einmal Ärger mit der Polizei reichte…

Mittwoch, 19.03.2025

Zum Abschied von der tollen Finca la Bonanza gönnten wir uns ein fantastisches Frühstück, alleine wegen der Mango-Maracuya-Papaya Marmelade lohnt sich jeder Umweg. Gut, dass Kika ihre Marmeladen auch verkauft 😉.

Die anschließende Strecke führte wie immer steil und kurvig bergab, bergauf und wieder bergab, wie schon seit unserem Start kurz hinter Cartagena immer durch die Ausläufer der Anden. Die grünen Berge um uns herum entschädigten etwas für das zähe Vorwärtskommen hinter langsamen LKW, die schwarze Wolken hinter sich herzogen, nicht selten mit blinden Passagieren, die außer Sicht der Fahrer von Dorf zu Dorf mitfuhren. Ständig wurden wir rechts und links überholt von hunderten Mopeds, Möglichkeiten zum Anhalten gab es so gut wie keine.

Was uns wunderte, waren die vielen Verkaufsstände mit Orangen und Limonen. Nirgends sahen wir die entsprechenden Bäume, abgesehen davon, dass wir eigentlich durch eines der Hauptanbaugebiete für Koka fuhren. Schaut man sich die entsprechenden Karte an, bildet die Ruta 25 einen Korridor zwischen dunkelrot markierten Gebieten. Rund um die größeren Städte konnte man die Menschen mit einem offensichtlichen Drogenproblem auch nicht übersehen.

Nach nur 135 Km, für die wir allerdings 5 Stunden benötigten, erreichten wir wieder einen Stellplatz mit Pool, zu lauter Musik und zu warmen 32°. Davon abgesehen war das „Parador Turistico Patia“ ganz hübsch, v.a. lag es aber extrem günstig zu der Umleitungsroute für die immer noch gesperrte Panamericana (Anm: die tiefen Furchen hinter Ingo waren schon…)

Wir hatten uns dazu entschieden, die Alternativstrecke in Angriff zu nehmen, auch wenn das materialmordende und anstrengende 7-8 Stunden bedeutete. Abwarten war keine Option, eine Beseitigung des Erdrutsches und Freigabe der Hauptroute war nicht in Sicht.

Donnerstag, 20.03.2025

Mittwoch Abend erhielten wir die für uns schlechte Nachricht, dass der Bypass tageweise zur Einbahnstraße erklärt wurde (Danke an Kika und Thomas für die Infos !) und wir die Strecke erst am Freitag Richtung Süden befahren konnten. Das bedeutete für uns einen Tag mehr in der windstillen Wärme, aber immerhin schliefen die zahlreichen Hunde und Hähne um uns herum nachts und der Verkehr auf der Straße flaute ab 21.00 spürbar ab.

Dafür war der Nachmittag mal wieder untermalt mit klassischer Tanzteemusik in Rumbarhythmen mit ganz viel „Ayayayay“, „Corazon“ und leidenden Männern in voller Lautstärke, unterbrochen von Werbeansagen, begleitet von Kindergeschrei und Hundejaulen. Also ein völlig normaler zentral- und südamerikanischer Donnerstag Nachmittag 🫣.

Freitag, 21.03.2025

Was für ein Tag! Für knapp 180 km brauchten wir 10 Stunden, was einem leicht zu errechnenden Schnitt von 18 Kmh entspricht. Unzählige Höhenmeter rauf und runter, inmitten einer endlosen LKW Schlange und über mehr oder weniger gute Straßen. Zweimal standen wir für 1 Stunde im Stau, einmal wegen der einzigen Ampel auf der gesamten Strecke, die zudem auch noch völlig überflüssig war. Wir passierten diverse Fahrbahnabsenkungen, liegengebliebene LKW, Erdrutsche und nicht besonders attraktive Ortschaften. Irgendwann sahen wir endlich die Stadt Pasto in der Ferne und damit das Ende der Umleitungsstrecke.

Ein Trost bei dieser anstrengenden Fahrerei war die tolle Landschaft, die wir durchquerten. Grüne Berge und Hügel soweit das Auge reichte, teilweise fühlten wir uns wie im Alpenvorland, waren aber in den Anden unterwegs.

Für die Nacht musste das erste Mal seit langem mal wieder eine Tankstelle herhalten. Es hätte uns aber schlimmer treffen können, wir standen etwas abseits der Hauptstraße, es war überraschend leise und wir haben geschlafen wie die Babies.

Vielleicht war es auch deshalb so leise, weil die Tankstelle kein Benzin und Diesel mehr hatte. Der ganze Süden litt unter Versorgungsengpässen durch die nicht passierbare Panamericana. Lebensmittel hatten sich um bis zu 20% verteuert, Kraftstoff und Gas waren kaum noch zu bekommen. Ein sehr fragiles Versorgungssystem…

Samstag, 22.03.2025

Für unseren letzten Tag in Kolumbien suchten wir uns ein spektakuläres Ziel aus, das Santuario de Nuestra Señora de las Lajas. Die Wallfahrtskirche liegt im Canyon des Rio Guáitara kurz vor der Grenze zu Ecuador. Der Weg dorthin entschädigte für den Vortag, 70 km über eine 4 spurige Autobahn, allerdings wieder mit teilweise größeren Erdrutschen.

Unterwegs wurden wir hupend und gestikulierend von einem Motorradreisenden überholt, der am nächsten Straßenverkaufsstand dann auf uns wartete. Der Kolumbianer Armando war total begeistert, uns zu treffen und lud uns zu Tinto (schwarzer Kaffee mit Zucker) und Joghurt ein. Was für ein netter und sympathischer Mensch, sinnbildlich für alle Begegnungen, die wir in Kolumbien hatten.

Unser Ziel erreichten wir im Regen, nicht die besten Voraussetzungen für eine Besichtigung… Wir parkten Ingo auf dem Parkplatz der zur Kirche fahrenden Seilbahn und hofften auf eine Regenpause.

Irgendwann war es zumindest trocken, wir machten uns zu Fuß auf den Weg und erreichten nach einer halben Stunde den extrem touristischen Ort Las Lajas. Souvenirgeschäfte überall, Imbissbuden und Reiten auf geschmückten Lamas – die armen Tiere…

Die Kirche war dann aber wirklich beeindruckend. Seit dem 18. Jhd. ist der Ort eine Pilgerstätte, der heutige Kirchenbau wurde erst zwischen 1916 und 1949 errichtet. Die Höhe vom Fundament bis zur Spitze des Turms beträgt 100 m, die Glasfenster stammen von dem deutschen Künstler Walter Wolf Wasserhoven. Das ganze Jahr über finden Wallfahrten statt, bei unserem Besuch war die Kirche anfangs voller Menschen, offensichtlich wurde Kommunion o.ä. gefeiert. An allen umliegenden Mauern finden sich sog. Votivtafeln, symbolische Opfergaben für die Rettung aus z.B. Notlagen oder zum Andenken an Verstorbene.

Zurück fuhren wir mit der unglaublich langsamen Seilbahn, 20 Minuten waren wir für 1,5 Km Luftlinie unterwegs.

Abends wollten wir uns eigentlich noch die bunt beleuchtete Kirche anschauen. Im Nieselregen gingen wir zu einem 800 m entfernten Aussichtspunkt, warteten 20 Minuten und gingen unverrichteter Dinge im Regen wieder zurück. Die Kirche lag im stockdunklen Tal, von Beleuchtung keine Spur. Schade, gem. den „geliehenen“ Fotos von Colombia.Travel und Wikipedia ist das Ganze zwar ziemlich kitschig, aber durchaus auch sehenswert.

Kolumbien hat uns gut gefallen, nie fühlten wir uns unwohl oder unsicher, im Gegenteil. Immer wurden wir freundlich empfangen, ganz oft schenkte man uns auf der Straße ein Lächeln. Wir bedauern sehr, dass wir nur so kurze Zeit hier sein konnten, ganz viel blieb auf der Strecke. Was wir aber gesehen haben, machte fast durch die Bank Lust auf mehr, obwohl natürlich auch in diesem Land v.a. die organisierte Kriminalität hoch ist und Armut allgegenwärtig.

Auffällig waren die vielen verschiedenen Tierwarnschilder, noch nirgends wurden wir in so einer Vielfalt auf potentielle Verkehrsopfer hingewiesen. Irgendwie sympathisch.

Morgen geht es für uns weiter nach Ecuador. Ungefähr zwei Wochen werden wir den Norden des Landes bereisen, bevor am 07.04. unser Flug nach Deutschland geht. Wir sind sehr gespannt auf unser 30. Reiseland !

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Tanja und Gunnar
Tanja und Gunnar
1 Monat zuvor

Herrlich, zuviel Regen, zuviel Verkehr, aber liebe volle Begegnungen, tolle Bilder und um viele Eindrücke reicher.

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