Was für ein schöner, wenn auch holpriger Start in Südamerika. Cartagena war eine Stadt zum Verlieben und machte das Chaos rund um Ingos Verschiffung etwas erträglicher.

Unsere Route:

Sonntag, 09.02.2025

Der Abschied aus Zentralamerika lief überraschend glatt und komfortabel. Wir hatten die günstigsten Flüge von Panama nach Cartagena gebucht und waren damit bei der klassischen Billigfluglinie Wingo gelandet. Erstaunlich war schon, dass von dem Flughafen mit dem wohlklingenden Namen BLB Panama Pacific Internacional ausschließlich Wingo fliegt, genauso überraschend war die durchweg freundliche Abwicklung und das sehr komfortable Flugzeug. Da hatten wir bei namhaften großen Fluggesellschaften in der Premium Economy schon deutlich schlechter gesessen…

Nach einer Stunde Flugzeit landeten wir pünktlich in Cartagena de Indias und hatten damit unser 29. Land und den 4. Kontinent unserer Reise mit Ingo erreicht. Etwas gewöhnungsbedürftig war die kolumbianische Währung, 100.000 Pesos Colombiano entsprechen etwa 23 €. Da wird man schnell zum Millionär…

Unsere Wohnung für die nächste Woche lag am Rand der Altstadt im 1948 fertiggestellten Hochhaus „Edificio Ganem“. Das Gebäude ist architektonisch ganz klassisch für die Zeit, je nach Stockwerk mehr oder weniger gut in Schuss und besteht fast ausschließlich aus AirBnB- und sonstigen Ferienwohnungen. Wir bezogen unser Mini Apartment in der 4. Etage und liessen den Tag auf der Dachterrasse eines italienischen Restaurants mit Blick auf das Ganem Gebäude ausklingen.

Montag, 10.02.2025

Völlig ziellos streiften wir durch die Altstadt und waren begeistert! Wunderschöne Gebäude mit teilweise üppigem Blütenbewuchs, alles bunt und wuselig, tolle Geschäfte und freundliche Menschen. Cartagena ist die Stadt Kolumbiens mit den meisten Touristen und gilt als die sicherste und bestbewachte Stadt des Landes. Das komplett ummauerte Stadtzentrum mit zahllosen Palästen und Kolonialbauten wurde 1984 zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt, die Stadt trägt den sehr passenden Beinamen „die Perle der Karibik“. Nervig waren nur die sehr aufdringlichen Straßenverkäufer und Taxifahrer, man konnte kaum einen Schritt machen, ohne angesprochen zu werden.

Südlich der eigentlichen Altstadt liegt das Künstlerviertel Getsemani, insgesamt noch bunter und abwechslungsreicher, v.a. aber irgendwie authentischer. Natürlich schieben sich auch dort die Touristen durch die Straßen, aber ganz offensichtlich gibt es eine nicht unerhebliche Anzahl einheimischer Bewohner, ganz im Gegensatz zum Centro Histórico.

Nachmittags besuchten wir ein Einkaufscenter der etwas anderen Art. 1893 ursprünglich als Stierkampfarena errichtet, 1935 zu einem Theater umfunktioniert und seit 2019 eine Shopping Mall mit sehr gehobenem Preisniveau. Aber wir waren auch nicht zum Einkaufen da, uns interessierte nur die sehr sehenswerte „Arena“.

Zwischendurch hatten wir ein paar organisatorische Themen abzuarbeiten. Ingos Versicherung für Kolumbien musste abgeschlossen werden, wir benötigen eine lokale SIM Karte sowie eine Unterkunft für uns für eine weitere Woche. Von unserer Agentin auf kolumbianischer Seite hatten wir den aktuellen Termin für Ingos Ankunft bekommen. Aus ursprünglich dem 06.02. war zunächst der 09.02. und dann der 19.02. geworden. Außerdem wurden wir von der CGM BALBOA auf die MN GUAYAQUIL EXPRESS umgebucht. Wir hofften, dass das Schiff seinen Namenszusatz zu Recht trug…

Aus unserer Sicht nicht nachvollziehbare politische Entscheidungen in den USA (vorsichtig formuliert) hatten weitreichende Auswirkungen auf u.a. die gesamte Schifffahrt…

Dienstag, 11.02.2025

Der Tag begann mit einem Besuch beim Notar, unsere Agentin benötigte eine beglaubigte Vollmacht für die Abwicklung im Hafen. Für ganze 3.200 Pesos Colombianos, umgerechnet etwa 0,75 € hatten wir nach 30 Minuten das nötige Papier mit ganz vielen Stempeln in den Händen. Für den Betrag dürfte man bei uns noch nicht einmal die Türklinke der Kanzlei anfassen…

Um die Ecke des Büros lag das kostenlose Goldmuseum „Museo del Oro Zenú“. Die Erklärungen zu den einzelnen Stücken hielten sich leider in Grenzen, trotzdem war das ein kurzweiliger Besuch und die Exponate zum Teil wunderschön.

Bei der anschließenden Runde durch das historische Zentrum hatten wir uns eigentlich vorgenommen, nicht jedes zweite Haus zu fotografieren, es gelang uns nur bedingt. Das Stadtbild ist einfach zu schön, um nicht ständig die Kamera zu zücken…

Zwei Dinge waren ein bisschen schade. Erstens ist das Teatro Adolfo Mejía (Teatro Heredia) nur noch im Rahmen von Vorführungen von innen zu besichtigen. Sehr bedauerlich, das Foyer und die Säle sollen mindestens so schön sein wie die Fassade. Zweitens ist die Stadt voll mit Pferdekutschen und Menschen, die das auch noch fördern, indem sie sich herumfahren lassen, in unseren Augen Tierquälerei.

Eines der Wahrzeichen der Stadt sind die sog. Palenqueras. Frauen in bunten Kleidern, die Obstschalen auf den Köpfen tragen, im gesamten Centro Histórico und den umliegenden Stadtteilen unterwegs sind und Süßigkeiten und Obst verkaufen. Ihr Name geht auf ihre Herkunft zurück, sie kommen aus dem nahe gelegenen San Basilio de Palenque, dem ersten sklavenfreien Ort der Amerikas.

Mittwoch, 12.02.2024

Wir wohnten genau an der Grenze zwischen dem vollen und sehr touristischen Centro Histórico und dem kleinen und viel ruhigeren Stadtteil San Diego. Die Gebäude dort sind mindestens genauso schön, nette Gastronomie gibt es auch, was aber v.a. auffällt ist die fast vollständige Abwesenheit der etwas nervigen Straßenhändler.

Im Centro Comercial La Serrezuela stießen wir zufällig auf eine Ausstellung von Miniaturskulpturen. Teilweise so klein, dass sie selbst mit der zur Verfügung gestellten Lupe kaum zu erkennen waren. Die Kolumbianerin Flor Carvajal stellte im Laufe ihres Lebens als Künstlerin u.a. Weihnachtskrippen her und entdeckte ihr Talent für die Schaffung der winzigen Kunstwerke eher zufällig. Ein Journalist forderte sie auf, die kleinste Krippe der Welt zu bauen. Die Werke entstehen nur mit Hilfe einer einzigen Nadel.

Nachmittags hatten wir ein Erlebnis mit dem wir so eher nicht gerechnet hätten. Im Parque del Centenario mitten in der Stadt konnten wir ein völlig ungerührtes Faultier beobachten, das sich durch die vielen Menschen nicht im Geringsten beeindrucken ließ und drei Meter über dem Boden in einem Baum herumturnte.

Den Abend verbrachten wir mit unseren Verschiffungs-Schicksalsgenossen Brigitte und Manfred. Dieses Mal hatten wir es zufällig noch besser hinbekommen als in Panama City, wir wohnten im gleichen Gebäude, wenn auch auf unterschiedlichen Etagen.

Donnerstag, 13.04.2025

Kultur stand auf dem Programm, wir besuchten die größte karibische Festung der Spanier, das Castillo San Felipe de Barajas. Die Festung wurde ursprünglich 1536 fertiggestellt und bis 1657 erweitert. Durch ihre besondere Bauweise hat sie den Beinamen „die Uneinnehmbare“ und tatsächlich wurde sie trotz mehrerer Angriffe diverser Freibeuter nie erobert. Im Inneren befindet sich ein komplexes Tunnelsystem, ansonsten gibt es außer schönen Aussichten auf die Stadt nicht viel zu sehen. Auf jeden Fall waren wir nicht alleine dort, ganze Busladungen standen Schlange für ein Foto von sich selbst vor irgendeinem Türmchen…

Freitag, 14.02.2025

Auch ereignislose und faule Tage gehören zum Reisen, v.a. wenn man zum Stillstand verdammt ist. Das einzig Sinnvolle an dem Tag war die Besichtigung eines Parkplatzes, wo wir Ingo (irgendwann…) nach der Abholung am Hafen evtl. für eine Nacht sicher unterbringen könnten. Auf dem Weg dorthin entdeckten wir zwei mehr oder weniger künstlerisch wertvolle Denkmäler, das war alles an Programm.

Samstag, 15.02.2025

Es gibt Tage, die braucht kein Mensch. Montag waren wir noch guter Hoffnung gewesen, dass wir Ingo bald in Empfang nehmen könnten, kurz vor dem Frühstück bekamen wir eine Mail unserer Agentin, die uns wieder auf den Boden der Verschiffungs-Tatsachen holte. Die GUAYAQUIL würde nicht in Colón anlegen und damit Ingo nicht mitnehmen können. Unfassbar… Wir wurden umgebucht auf die DUBLIN, die am 25.02. mit Ingo an Bord in Cartagena eintreffen soll. Nach den Erfahrungen der letzten Zeit waren wir sehr gebremst optimistisch und unsere Stimmung an dem Tag nicht die Beste.

Sonntag, 16.02.2025

Wir zogen um. Wenn schon sinnloses Warten und zum Nichtstun verdonnert, dann wenigstens komfortabel und hübsch. Wir tauschten den Blick auf Geier die auf Blechdächern sitzen gegen die Aussicht auf die Skyline der Stadt und zogen im gleichen Gebäude in die 7. Etage um.

Bis es soweit war mussten wir allerdings ein paar Stunden überbrücken und entschieden uns für den Besuch von zwei Museen. Vom Museo de Arte Moderno hatten wir uns etwas mehr versprochen. Die Ausstellung ist sehr überschaubar und traf zum größeren Teil nicht unbedingt unseren Geschmack – und dann war es noch nichtmal klimatisiert 🫣.

Das Santuario de San Pedro Claver dagegen überraschte uns positiv. Die alten Gemäuer mit dem verwilderten Garten in der Mitte sind alleine schon sehenswert, man hat schöne Ausblicke auf die Stadt und kann von der Orgelempore das gesamte Kirchenschiff überblicken. Das Museum in den weitläufigen Kirchen- und ehemaligen Klosterräumen beherbergt naturgemäß viel religiöse Kunst, es beschäftigt sich aber auch mit der Geschichte der Sklaverei, zu sehen sind auch einige Exponate afrikanischer Künstler. Die Kirche wurde zwischen 1580 und 1654 erbaut, im Fertigstellungsjahr starb auch der Namensgeber, der heilig gesprochene Pedro Claver. Der Priester und Missionar ist allerdings nicht ganz unumstritten, er setzte sich zwar aktiv für die Sklaven und deren Menschenrechte ein, natürlich versuchte er dabei aber auch sie zum Christentum zu „bekehren“, ganz abgesehen davon, dass er selbst Sklaven hielt.

Auch dieser Tag ging natürlich nicht ohne Häuser Fotografie ab, wir konnten uns aber zunehmend besser beherrschen und mussten nicht mehr für jeden Balkon stehenbleiben.

Unser neues Apartment war eine deutliche Verbesserung und machte die allgemeine Situation tatsächlich etwas erträglicher. Wir genossen den Luxus von schönem Ambiente, toller Aussicht, zwei Bädern, zwei Sofas, großer Küche etc. etc.

Bzgl. Ingo gibt es nichts Neues, wir hoffen weiterhin auf die DUBLIN und versuchen, uns die Laune nicht verderben zu lassen. Vorsorglich haben wir unser Apartment schon mal verlängert bis 02.03., danach ist es leider anderweitig vermietet, vermutlich müssen wir also nochmal umziehen…

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Uta
Uta
22 Tage zuvor

Wie genau der Zusammenhang zwischen „nicht nachvollziehbare[n] politische[n] Entscheidungen in den USA“ und der Schifffahrt in Zentral- und Südamerika ist, würde mich durchaus interessieren.

Ich drücke natürlich weiterhin alle Daumen…
Uta

Peter
Peter
23 Tage zuvor

Hallo ihr beiden Weltenbummler, den Lob zu den tollen Bildern kann ich mich nur anschließen. Cartagena steht nun mit auf der Liste meiner Reisewünsche. Viele Grüße aus Hamburg, Peter

Tanja und Gunnar
Tanja und Gunnar
1 Monat zuvor

Mega tolle Bilder. Wir drücken die Daumen, dass ein weiterer Umzug nicht nötig sein wird. Was für ein Pech. Aber das neue Apartment sieht super aus und ihr könnt nun noch andere Stadtteile entdecken. Toitoitoi.

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