Seit mehr als zwei Wochen bestimmte eigentlich nur noch das Thema Verschiffung unsere Gedanken. Ständig das Handy im Blick, ob es neue Hiobsbotschaften der Agentin gab.

Montag, 17.02.2025 bis Mittwoch, 19.02.2025

Dauernd die Kontrolle der „Marine Traffic“ App, ob noch alles im Plan war mit den diversen Schiffen, auf die wir schon gebucht waren, Austausch mit Leidensgenossen und Abgleich der Versionen, die uns als Erklärung verkauft wurden. So sah das bestimmende Tagesprogramm in Cartagena aus, zum Wahnsinnig werden. Der Stand am Mittwoch war: Unser aktuelles Schiff, die APL DUBLIN sollte am 21.02. in Colón auslaufen und am 23.02. mit Ingo an Bord in Cartagena ankommen. Glauben würden wir es erst, wenn Ingo abgeladen irgendwo im Hafen stehen würde…

Um nicht ganz durchzudrehen, schlenderten wir zwischendurch ziellos durch die Stadt, u.a. noch einmal in das bunte Künstlerviertel Getsemani mit seinen geschmückten Gassen und den immer gleichen „Originalen“, die überall zu verkaufen waren.

*1 Wir haben kein Wifi, sprechen Sie miteinander, *2 Als die Telefone noch Kabel hatten, war die Menschheit frei.

Wir entdeckten ein Tamarindäffchen im Parque Centenario mitten in der Stadt und zwei Skulpturen, von denen eine besonders ungewöhnlich war. Schon mit dem Affen hätten wir nicht gerechnet, ein Denkmal zu Ehren ein paar alter Schuhe war aber noch außergewöhnlicher. Die Skulptur ist dem Dichter Luis Carlos López gewidmet, der seine Liebe zu seiner Heimatstadt Cartagena mit den warmen Gefühlen verglich, die man für ein paar alte Schuhe empfindet. Die Palenquera war leider ein bisschen unsympathisch und wurde aus unserer Sicht den realen Damen nicht im Geringsten gerecht.

Donnerstag, 20.02.2025 bis Montag, 24.02.2025

Unser Nervenkostüm war mittlerweile nicht mehr das Beste. Ständig kreisten die Gedanken um die weitere Reiseplanung und den Zustand von Ingos Wohnkabine nach vier Wochen in der prallen Sonne ohne Frischluftzufuhr. Unsere Zeit für Kolumbien zerrann uns unter den Fingern, mehr oder weniger schlaflose Nächte und Magenprobleme waren die Folge. Dank „Marine Traffic“ und den Webcams des Panamakanals hatten wir die DUBLIN ständig im Blick, Freitag Nachmittag erreichte sie planmäßig Colón – und fuhr vorbei… Es war zum verrückt werden.

Kurze Zeit später stoppte sie und bewegte sich bis 22.00 nicht mehr vom Fleck, bevor sie umdrehte und um 23.00 im Hafen anlegte. Zumindest ein Stein fiel uns schon mal vom Herzen.

Samstag Vormittag legte die DUBLIN wieder ab, ob Ingo an Bord war, konnte uns niemand sagen, der Informationsfluss am Wochenende von Seiten der Reederei und des Hafens ging gegen Null. Eine Situation, die nicht zu unserer Entspannung beitrug. Montag Morgen endlich die erlösende Nachricht, unsere Agentin leitete uns die Bestätigung der Reederei weiter: „Confirmo que la unidad fue embarcada“ (Ich bestätige, dass die Fracht versendet wurde).

Wir waren sehr sehr glücklich und extrem erleichtert ! Das Feuerwerk am Samstag Abend galt bestimmt Ingo, als er mit 3 wöchiger Verspätung auf das Schiff Richtung Südamerika gehoben wurde 😉.

Dienstag, 25.02.2025

Wir brauchten ein bisschen Ablenkung und fuhren zusammen mit unserer Schicksalsgenossin Brigitte in den außerhalb gelegenen Botanischen Garten „Jardín Botánico Guillermo Piñeres“. Der 9 ha große Park ist schön angelegt und obwohl zu dieser Jahreszeit kaum etwas blühte und die Tiere sich sehr bedeckt hielten, eine schöne Abwechslung war der Ausflug allemal. Zumindest sahen wir ein paar blühende Seerosen, eine handtellergroße Spinne und ein paar Klammeraffen (weit weg und im Gegenlicht…).

Für die jeweils 20 Km langen Fahrten benötigten unsere Uber Fahrer ca. 1 Stunde, auf diese Weise bekamen wir einen kleinen Vorgeschmack auf das Verkehrschaos, das uns erwarten würde, wenn wir mit Ingo die Stadt verlassen würden.

Dienstag, 26.02.2025 bis Sonntag, 02.03.2025

Es kam tatsächlich ein bisschen Fahrt in die Sache. Dienstag forderte unsere Agentin noch ein paar Daten und Infos ab und wir wurden bei der DIAN registriert (Dirección de Impuestos y Aduanas Nacionales), der nationalen Steuer- und Zolldirektion. Ein erster Schritt für die Erstellung von Ingos „Aufenthaltserlaubnis“, dem TIP. Die DUBLIN sollte Nachmittags anlegen und wir hatten die berechtigte Hoffnung ihn Samstag wiederzuhaben, einen Tag später kam dann schon wieder der Dämpfer. Das Schiff würde sich verspäten und die Entladung war auf Freitag verschoben worden, eine Übernahme vor Montag war damit ausgeschlossen.

Ein Lichtblick in dem ganzen Chaos war der Donnerstag Abend, den wir mit Anja und Jan (Ferne Ziele) verbrachten. Seit Monaten folgen wir uns gegenseitig über Polarsteps, jetzt kreuzten sich unsere Wege und wir hatten einen schönen Abend zusammen.

Freitag dann endlich die Erlösung, Ingo war in der Stadt ! Zwar noch im Hafen, aber immerhin nur noch 5 Km Luftlinie von uns entfernt. Das Einlaufen der DUBLIN in den Hafenbereich von Cartagena konnten wir aus dem Wohnzimmerfenster unseres Apartments beobachten, noch nie haben wir uns so sehr über den Anblick eines Schiffes gefreut.

Erneut trafen wir uns mit Anja und Jan und verbrachten einen Cartagena typischen Abend. Ständig wird man angesprochen um irgendetwas zu kaufen: „handgemalte“ Bilder, Schachspiele, Zigarren oder Schmuck. Unterbrochen wird das Ganze durch wechselnde Musikdarbietungen die selten gut, aber immer zu laut sind.

Zwischendurch zogen wir mal wieder um und bewohnten damit das dritte Apartment im Edificio Ganem. Auf den ersten Blick eine schöne Wohnung, bei näherem Hinsehen eine abgewohnte Bruchbude mit hübschen und nicht so hübschen Gästen…

Sonntag bekamen wir endlich die Nachricht uns am folgenden Tag um 8.30 mit dem Fahrzeugschlüssel im Hafen einzufinden, damit Ingo abgeladen werden konnte.

Montag, 03.03.2025

Zusammen mit drei anderen Reisenden waren wir pünktlich am Hafen, es dauerte alles ewig, aber irgendwann fuhr ein Hafenmitabeiter Ingo von seinem Flatrack. Auf den ersten Blick waren keine Schäden erkennbar, auf den zweiten auch nicht, unser rollendes Zuhause hatte die Odyssee schadlos überstanden. Selbst der befürchtete Schimmel in der Wohnkabine hielt sich sehr in Grenzen, außer dem geschlossenen Kühlschrank war eigentlich nichts befallen.

Mitnehmen konnten wir Ingo leider noch nicht, so einfach war das alles nicht… Nachmittags wurden wir erstmal noch zur DIAN bestellt, um das TIP erstellen zu lassen. Auch das war natürlich nicht in 5 Minuten erledigt, aber warten konnten wir ja inzwischen… Kurz vor dem Abendessen dann die ersehnte Nachricht, am nächsten Tag sollten wir Ingo wiederbekommen. YIPPIIIEEEHHHH !!!

Dienstag, 04.03.2025 bis Donnerstag, 06.03.2025

Am frühen Nachmittag fanden wir uns im Büro unserer Agentin auf kolumbianischer Seite ein, bezahlten die Hafen- und sonstigen Gebühren von Cartagena und bekamen unser TIP ausgehändigt. Auf der Weltkarte in ihrem Büro, wo die Herkunftsländer der einzelnen Reisenden mit Pins versehen werden, gab es schon ein ausgelagertes Deutschland mitten in der Nordsee, das eigentliche Land war schon lange voll 🤣.

Ein Mitarbeiter fuhr uns anschließend zum Hafen und nach (natürlich) wieder einer relativ langen Wartezeit konnte Uwe endlich Ingo in Empfang nehmen und aus dem Hafengelände fahren. Wie schon am Vortag musste ich draußen bleiben, unsere Geduld wurde wirklich auf eine harte Probe gestellt. Irgendwann rollte Ingo aber auf mich zu, ein fast schon bewegender Anblick 😉.

Wir hatten uns einen bewachten Parkplatz am Rand der Altstadt ausgesucht, auf dem Ingo noch einen Tag stehen sollte, während wir mit Lebensmittel einkaufen etc. beschäftigt waren. Die Fahrt dorthin hatte es dann in sich. Eigentlich fast immer geradeaus und nahezu durchgängig 2-spurig, das Ganze aber im Feierabendverkehr mit gefühlt 1 Million Mopeds um uns herum. Ein derartiges Verkehschaos hatten wir noch nirgends erlebt, jeder fährt kreuz und quer und rote Ampeln gelten nur für Autos, das allerdings auch nicht immer. Ingos Presslufthorn sorgte zwar ab und zu für ein bisschen Respekt und Abstand, prinzipiell waren aber v.a. die Mopedfahrer fast schon selbstmörderisch unterwegs. Die Strecke führte durch das „echte“ Cartagena, das mit dem Centro Histórico nicht das Geringste zu tun hat. Menschen,die auf dem Mittelstreifen leben, Halbverhungerte, die den überall herumliegenden Müll durchsuchen, insgesamt eine unfassbare Armut. Irgendwann hatten wir es aber geschafft und erreichten nach knapp einer Stunde für 7 Kilometer zum Glück unfallfrei den Parkplatz. Fotografisch lässt sich das Chaos nicht ansatzweise wiedergeben.

Für unseren letzten Tag mussten wir noch einmal das Apartment wechseln. Die damit vierte Wohnung war auch nicht besser als das vorherige, v.a. die Aussicht war der Hammer…

Unseren letzten Abend in Cartagena verbrachten wir noch einmal mit Brigitte und Manfred, unsere Wege trennten sich für die nächste Zeit, irgendwann würden wir uns aber sicherlich wieder begegnen. Wir freuen uns darauf !

Am 03. Februar gaben wir Ingo in Colón, Panama ab, einen Monat später konnten wir ihn im nur 700 km entfernten Cartagena, Kolumbien wieder in Empfang nehmen. Wir hatten uns für Flatrack entschieden, weil dort normalerweise eine hohe Terminsicherheit gegeben ist und man sein Fahrzeug nach ungefähr einer Woche wieder hat. Normalerweise… U.a. die angedrohten Strafzölle des gewählten 🫣 US amerikanischen Präsidenten sorgten für Kursänderungen durch die Reedereien und Staus in den Häfen. Insgesamt war diese Verschiffung für uns extrem nervenaufreibend und sehr viel teurer als sie sowieso schon ist. Da unsere Heimflüge im April gebucht sind, wurde Kolumbien damit für uns vom Reiseland zum Durchreiseland, sehr schade !

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Claus Polens
Claus Polens
8 Tage zuvor

Könnt Ihr mir (und anderen) mal erklären, warum ihr nicht mit Ingo auf vier Rädern nach Kolumbien gefahren seid? Gibt es dort keine Straßenverbindung von Mittelamerika nach Südamerika?

Übrigens immer klasse Bilder, mache im Geiste Eure Weltreise mit!

Gruß,
Claus

Team MaxExmo ( Steffie & Thorsten )
Team MaxExmo ( Steffie & Thorsten )
11 Tage zuvor

Schade für die entgangene Zeit in Kolumbien und noch mal unseren Respekt fürs Durchhalten, trotz aller Widrigkeiten. Wir hoffen, dass ihr in der verbleibenden Zeit noch schöne Reise Eindrücke mitnehmen könnt. Sonnige Grüße vom Saladi Beach 🥰

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