Die letzte ernst zu nehmende und v.a. hübsche Stadt für längere Zeit genossen wir in vollen Zügen, durch Cuenca zu schlendern machte einfach Spaß.

Unsere Route:

Mittwoch, 25.06.2025

Ca. 10 km von der MAN Werkstatt entfernt liegt der Yanuncay Camping am Rande des historischen Zentrums von Cuenca. Nicht der schönste Platz, alles schief, teilweise weicher Untergrund, extrem voll mit sehr dichten Nachbarn, leider aber alternativlos. Ein bis zwei Vorteile gab es aber auch, der Betreiber war nett und die Innenstadt war mit dem Taxi für 2 $ in ein paar Minuten zu erreichen.

Unseren ersten Nachmittag verbrachten wir mit völlig ziellosem Bummeln rund um die Catedral de la Inmaculada Concepción, der Hauptkirche Cuencas. Der erste Eindruck der Stadt war gut, ein schönes Gebäude reihte sich an das nächste, es gab viele hübsche Plätze, Restaurants und Geschäfte, die Straßen waren belebt ohne überfüllt zu sein. Das versprachen kurzweilige 3-4 Tage zu werden.

Donnerstag, 26.06.2025

An unserem zweiten Stadt Tag orientierten wir uns an einem Spaziergang aus dem Reiseführer. Wir starteten an der Plaza San Sebastián und gingen zunächst durch „El Vado“, einem der ältesten Stadtviertel Cuencas, u.a. mit dem jahrhundertealten Wohnhaus „Casa Lira“ mit freigelegten Wasserkanälen im Inneren.

Weiter ging es durch abwechslungsreiche Straßen mit schönen Gebäuden zur „La Escalanita“, einer breiten Treppe hinunter zum Rio Tomebamba. Einen kurzen Einkaufsstopp machten wir bei Sánto Pan, einer kleinen Bäckerei mit dem ältesten Holzofen der Stadt. Gelegenheiten um gutes Brot zu kaufen sollte man nie auslassen…

Ziel des Spaziergangs war die Puente Roto, Reste einer weggeschwemmten Brücke mit gut erhaltenen Steinbögen.

Zwischendurch besuchten wir das auf dem Weg liegende Museo del Sombrero De Paja Toquilla. In dem kleinen Museum, das eigentlich mehr ein Hutgeschäft ist, wird die Geschichte und die Herstellung der berühmten Panama-Hüte erklärt, die eigentlich Ecuador-Hüte heißen müssten.

Der Panama-Hut stammt entgegen seinem Namen ursprünglich aus Ecuador, nicht aus Panama. Seinen Namen erhielt er, weil er während des Baus des Panamakanals und des Goldrauschs in den 1850er Jahren über Panama nach Nordamerika und Europa verschifft wurde und dort als „Panama-Hut“ bekannt wurde. Bilder von US-Präsident Theodore Roosevelt, der 1906 den Bau des Panama-Kanals besuchte und einen solchen Hut trug, trugen zur Popularität des Namens „Panama-Hut“ bei. 

Ecuadorianische Handwerker fertigen diese Hüte seit dem 17. Jahrhundert aus den Fasern der Toquillapalme, die in Ecuador wächst. Die Herstellung ist eine traditionelle Handwerkskunst, bei der die Palmblätter zu Stroh verarbeitet und dann von Hand zu Hüten geflochten werden. Cuenca zählt neben Montecristi zu den Zentren der Hutproduktion.

Panama-Hüte sind bekannt für ihre Leichtigkeit, Atmungsaktivität und ihren Sonnenschutz, Sie können zusammengerollt und leicht transportiert werden, obwohl sie ursprünglich als Kopfbedeckung für Arbeiter gedacht waren, sind sie heute ein beliebtes Modeaccessoire. Die beste Qualität (Super Fino) hat einen besonders hohen Flechtdichtegrad, oft mehr als 10 Flechtungen pro Zentimeter, die Herstellung eines solchen Hutes kann mehrere Wochen oder Monate dauern. Berühmte Träger des Panama-Hutes waren unter anderem Kaiser Napoleon III., Winston Churchill und Theodor Roosevelt. Bei diesen Fußstapfen fiel die Wahl für das richtige Modell schwer…

Im Anschluss gingen wir zurück zur Plaza Calderón und bestiegen die Aussichtsterrasse der Kathedrale. Die Kirche wurde zwischen 1885 und 1967 errichet, Architekt war der Deutsche Juan Bautista Stiehle. Mit 105 m Länge, 43,5 m Breite und 53 m Höhe zählt sie zu den größten Kirchen Lateinamerikas. Die Türme wurden wegen eines Konstruktionsfehlers nie fertiggestellt, die geplante Höhe hätte die Statik des Haupthauses überfordert, deshalb hat die Kathedrale auch keine Glocken. Beim Platzieren der Statue über dem Hauptportal entstand ein tiefer Riss in der Fassade, trotzdem ist die Kirche mit ihren blauen Kuppeln ein imposanter Bau und das Wahrzeichen der Stadt.

Rund um die Kathedrale waren unzählige Süßigkeitenstände aufgebaut und wie eigentlich immer hatten die geschätzt 50 Buden nahezu alle die gleichen Waren im Angebot. Ein Rätsel, dass wir wohl nicht mehr gelöst bekommen… Es gab alles, von Pralinen über Toffee, Kuchen, Gummibären bis zu „Husarenkipferl“, eigentlich ein typisch deutsches/österreichisches Weihnachtsgebäck 🤔.

Wir genossen noch ein bisschen das bunte Stadtleben, bevor wir mit dem Taxi zurück zu Ingo fuhren und den Abend in netter Gesellschaft von Brigitte und Manfred in einem überraschend guten und gemütlichen italienischen Restaurant ausklingen ließen.

Freitag, 27.06.2025

Unser dritter Tag in der Stadt stand im Zeichen schöner Gebäude. Wir begannen mit dem „Taubenhaus“, einem Herrenhaus aus dem Jahre 1910, das sich durch fast vollständig restaurierte Wandgemälde auszeichnet, deren Hauptthema Frauen in langen Kleidern sind, die sich mit Tauben beschäftigen. Der damalige Erbauer Señor Rendón war Maler und verbrachte einen Großteil seiner Zeit mit der Verschönerung seines Hauses. Das Gebäude hat eine bewegte Geschichte, u.a. war es um 1940 eine Fabrik für Kerzen und Feuerwerk, eine Tatsache, die dem Haus nicht besonders gut bekam. Bei einem Feuer entstand erheblicher Schaden. Der aktuelle Eigentümer ist das „Instituto Nacional de Patrimonio Cultural“ (Nationales Institut für kulturelles Erbe), das Büros in dem Gebäude unterhält und für eine andauernde Restaurierung sorgt.

Es folgte der zufällige Besuch der Galerias Vatex, einem Premium Bekleidungsgeschäft über vier Etagen, in dem seit 2018 die Klamotten in einer historischen Stadtvilla aus 1917 zwischen Stuck, Antiquitäten und Plüschsofas verkauft werden. Das Gebäude im französischen Stil ist Teil des UNESCO Weltkulturerbe und besitzt Deckenelemente aus poliertem Metall, belgische Glaselemente sowie teilweise vergoldete Holzverzierungen. Insgesamt ein extrem gelungenes Konzept !

Samstag, 28.06.2025 und Sonntag, 29.06.2025

Samstag war ein reiner Erledigungstag mit u.a. Wäscherei, Supermarkt und noch ein bisschen Ingo putzen, das einzige Highlight war ein längst überfälliger Friseurbesuch von Ute. Sonntag wollten wir eigentlich früh starten, in den Nationalpark Cajas fahren und dort zwei Tage wandern. Die Wettervorhersage machte uns einen Strich durch die Rechnung, bei angesagtem Dauerregen machte der Abstecher keinen Sinn, schade ! Statt dessen fuhren wir weiter Richtung Süden und hatten unterwegs mal wieder alles. Sonne, Regen, Nebel, schöne Aussichten, Landschaften wie in Finnland, unzählige Höhenmeter rauf und wieder runter, v.a. aber eine Prozession aus mindestens 50 langsam fahrenden Autos, Überholen fast unmöglich.

Irgendwann hatten wir es geschafft und kamen an unserem Platz für die nächsten beiden Tage an, einem relativ abgelegenen Fleckchen direkt am Rio Udushapa. Leider war der Fluss extrem braun und sehr laut, dafür war die umgebende Landschaft hübsch, genauso wie der eigentliche Stellplatz – nachdem wir eine große Tüte Müll gesammelt und in den vorhandenen !!! Papierkorb entsorgt hatten.

Eine etwas seltsame Geschichte ereignete sich lange nach Einbruch der Dunkelheit. Ein Pickup kam auf den Platz gefahren, stellte sich mit laufendem Motor quer vor uns und drei Männer mit Taschenlampen und Schaufeln stiegen aus. So ganz wohl fühlten wir uns in dem Moment nicht, die Jungs marschierten aber an uns vorbei, verschwanden irgendwo im Gebüsch und kamen mit offensichtlich schweren Plastiksäcken zurück. Die Säcke wurden auf die Ladefläche des Autos verfrachtet und nach 10 Minuten war der Spuk vorbei. Merkwürdig… Wahrscheinlich hatten sie Kies geholt – im Stockdunkeln 🤷🏻‍♀️.

Montag, 30.06.2025

In der Nacht war das Wasser des Flusses deutlich zurückgegangen und unser Platz dadurch sehr viel leiser, der Tag startete sonnig und windstill und wir freuten uns auf einen ruhigen zweiten Tag.

Blumen links oben nach rechts unten: 1 Afrikanisches Löwenohr, 2 Scharlachrote Spinne, 3 Physalis, 4 und 5 Rizinus, 6 Kreuzkraut

Unsere Freude war nicht von langer Dauer, die Wettervorhersage sagte ergiebigen Regen voraus, das Wasser des Flusses stieg wieder an und unser Messstöckchen bekam immer nassere Füße.

Um nicht evtl. irgendwann überstürzt losfahren zu müssen, weil Ingo im Wasser stand, wechselten wir vorsorglich den Stellplatz, zumal die Zufahrt teilweise aus einer relativ steilen und ausgewaschenen Sandpiste bestand. Ein paar Kilometer weiter standen wir am nächsten Fluß, dieses Mal dem Rio Oña, aber weit oberhalb des Flusses, der beeindruckende Stromschnellen aufwies. Die Straße war zwar in Sicht- und Hörweite, dafür würden wir nicht irgendwann vielleicht Gummistiefel brauchen und für eine Nacht geht ja (fast) alles.

Dienstag, 01.07.2025

Die Wettervorhersage sollte leider Recht behalten, es regnete sich ein. Unter diesen Umständen hielten wir in der Kleinstadt Saraguro noch nicht einmal an. Schade, die Bewohner gehören zur indigenen Bevölkerungsgruppe der Kichwa, die für die Bewahrung ihrer traditionellen Sprache, Kleidung und Bräuche bekannt sind. Wir fuhren weiter bis Loja, über den mit Abstand schlechtesten Abschnitt der Panamericana in Ecuador bisher. Es gab unzählige Erdrutsche, fehlenden Straßenbelag und Fahrbahnabsenkungen, das Ganze nur sehr sporadisch durch Schilder o.ä. angekündigt. Die Überraschungen warteten hinter der Kurve, was niemanden davon abhielt zu überholen, v.a. die Busse nicht. Sicht auf den eventuellen Gegenverkehr ist dafür nicht erforderlich… 🫣.

In Loja angekommen stellten wir uns am Stadtrand in einen kleinen Park mit See, lauschten dem Regentrommeln auf dem Dach und verabschiedeten uns von der Idee einer Stadtbesichtigung.

Mittwoch, 02.07.2025

Morgens um 8.00 fuhren wir bei 12°, Regen und teilweise schlechter Sicht los, angekommen sind wir 6 Stunden und 200 km später bei 28° und Sonne, das waren wir nicht mehr gewohnt. Viel zu warm !!! Unterwegs legten wir 5.191 m bergauf und 7.035 m bergab zurück und hatten drei Polizei-, Zoll- und Militärkontrollen. Wir passierten geschätzte 150 bis 200 Erdrutsche, Fahrbahnabsenkungen und komplette Abbrüche, wie schon am Vortag selten angekündigt. Insgesamt eine zwar landschaftlich tolle, aber anstrengende Fahrt.

Das einzige Stück geradeaus hatten wir kurz vor dem Ziel, etwas erschöpft parkten wir Ingo vor dem „Bosque Petrificado Puyango“, einem versteinerten Wald, verschoben den Besuch aber auf den nächsten Tag, nach Besichtigungen stand uns nicht mehr der Sinn.

Donnerstag, 03.07.2025

Vormittags besuchten wir den „Bosque Petrificado“, in dem ca. 100 Mio. Jahre alte versteinerte Baumstämme einfach so im Wald herumliegen. Der nett gemachte Rundweg dauerte etwa eine Stunde, insgesamt buchten wir das Ganze unter einem ruhigen Stellplatz und einem ganzen netten Waldspaziergang ab. Aus unserer Sicht nichts, wofür sich ein Umweg lohnen würde, auch wenn es sich um einen der bedeutendsten Fundorte pflanzlicher und tierischer Fossilien in Südamerika handelt.

Die kleine Gottesanbeterin, die auf Ingos Wasserdeckel mitfahren wollte, ließen wir dann doch in ihrer angestammten Umgebung und machten uns auf den Weg Richtung peruanischer Grenze.

Grenz- und Hafenstädte sind eigentlich immer häßlich, Huaquillas machte da keine Ausnahme. Nach einem letzten kurzen Einkaufsstopp in Ecuador suchten wir das Weite und steuerten einen Stellplatz etwas außerhalb an.

Die Hosteria El Chozon war ein typisches Restaurant mit Pool und der obligatorischen viel zu lauten Musik. Wir bezahlten aus Mangel an Alternativen den mit 20 $ eigentlich viel zu hohen Übernachtungspreis (üblich in Ecuador ist ungefähr die Hälfte) und richteten uns auf dem Parkplatz des zugegebenermaßen hübschen Areals ein. Wieder hatten wir altbekannte Nachbarn, Maka und Ingo kamen irgendwie nicht voneinander los 😉.

Morgen werden wir mit Peru in unser 31. Reiseland einreisen. Ecuador hat uns ausgesprochen gut gefallen, die Landschaften waren in weiten Teilen toll, Galapagos ein absolutes Highlight, die Menschen durchweg freundlich und hilfsbereit, die Infrastruktur überraschend gut (wenn man von den letzten Strecken durch die Berge absieht). Momentan ist die Kriminalitätsrate sehr hoch und die Gewaltbereitschaft gestiegen, Ecuador ist das Land Südamerikas mit der höchsten Mordrate, wobei sich das in erster Linie auf Bandenkriminalität untereinander beschränkt. Wenn man nicht zur falschen Zeit am falschen Ort ist, bemerkt man von diesen Problemen als Reisender nichts, wie schon in allen anderen „gefährlichen“ Ländern vorher. Wir haben uns immer und überall willkommen und sicher gefühlt, für die Bevölkerung sieht die Sache natürlich leider anders aus…

Adiós Ecuador, nos lo pasamos bien ! 👍

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Michael
Michael
8 Stunden zuvor

Ich freu mich schon auf den naechsten Beitrag. Gute Fahrt

Tanja und Gunnar
Tanja und Gunnar
17 Stunden zuvor

Wie schön. Tolle Bilder. Nette Geschichten. Regen und schlechte Strassen kann man wohl leider nicht meiden. Gute Weiterreise.

Tom
Tom
6 Tage zuvor

Toll, Landschaftsbilder und vor allem die Architektur habe ich in Eurem Bericht WIEDER EINMAL sehr genossen!!
Weiterhin gutes Gelingen .

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