Manchmal kommt es anders als man denkt. Dank eines großflächigen Feuers mussten wir leider unseren Stellplatz bei tausenden von Grünpapageien wieder verlassen.
Unsere Route:
Samstag, 16.03.2024 und Sonntag, 17.03.2024
Bei der Sima de las Cotorras handelt es sich um eine 140 m tiefe Doline mit einem Durchmesser von etwa 160 m, in der tausende Grünpapageien leben. Morgens kurz vor Sonnenaufgang verlassen die Vögel in spiralförmigem Flug die Senke und kehren am späten Nachmittag zurück. Was für ein Schauspiel ! Leider fand es ohne uns statt.
Nach einer etwas nervigen 10 Km langen Anfahrt mit tiefen Ästen und Kabeln, über eine in Teilen miserable Schotterpiste, erreichten wir den Ecopark. Die Doline ist in Form eines Freizeitparks gut vermarktet, von Zipline über senkrechten Klettergarten in der Felswand bis zu einem netten Restaurant und Campingmöglichkeiten ist alles vorhanden. Leider nicht allzu weit entfernt auch ein ziemlich großer Waldbrand, lt. dem Betreiber der Anlage auf Grund immer wiederkehrender Brandstiftungen…
Im Laufe des Nachmittags kam das Feuer immer näher und erreichte durch den böigen Wind auch das Gelände des Parks. Wir konnten die Situation nicht einschätzen, gingen auf Nummer Sicher und verließen das Gebiet, ohne einen einzigen Papageien gesehen zu haben. Schade !
Die Nacht verbrachten wir am Ortsrand der nächsten Stadt bei einem Kinderheim, das auch Wohnmobilstellplätze anbietet. Ingo passte gerade mal so durch das Tor, der Empfang durch einen der Betreuer und zwei der Jugendlichen war super nett, die Nacht allerdings Dank bellender Hunde und v.a. diverser krähender Hähne nicht besonders leise. Wir blieben trotzdem zwei Tage und verschafften uns mit Hühnerfrikassee zum Abendessen ein wenig Genugtuung 😉. Das Heim hat es sich zur Aufgabe gemacht, armen (meist indigenen) Kindern ein Zuhause und ausreichend Nahrung zu geben, v.a. aber eine Schul- und Ausbildung zu ermöglichen. Motto: Armut durch Bildung beenden.
Die Tage verbrachten wir bei 40°C Außen- und über 35°C Innentemperatur ausschließlich reglos im Schatten der diversen Sapote Bäume…
Samstag Nacht wurden ca. 2,5 Km von uns entfernt zwei Staatsbeamte durch Kartellmitglieder erschossen, einer schwer verletzt. Kein schönes Gefühl ! Das eigentlich sehr schöne Chiapas macht es uns nicht leicht, es zu mögen…
Montag, 18.03.2024
Wir machten einen großen Bogen um Tuxtla, die Hauptstadt Chiapas mit ca. 500.000 Einwohnern und in unseren Augen nichts besonders sehenswertem. Unser Ziel war der etwas östlich davon liegende Cañón del Sumidero, dessen Felswände teilweise bis zu 1 Km hoch über dem Rio Grijalva aufragen. Mit einer Bootstour wurde es an diesem Tag allerdings nichts mehr, zuerst war es uns zu heiß und später kam keine ausreichend große Gruppe mehr zusammen. Die Nacht verbrachten wir auf dem Parkplatz des Touranbieters und hofften auf das erste Boot am Morgen.
Dienstag, 19.03.2024
Nachdem wir etwa 1,5 Stunden gewartet hatten, bis die Mindestteilnehmerzahl von 17 erreicht war, legten wir um 10.30 endlich ab (im Nieselregen…) und freuten uns auf die Tour durch den Cañón. Prinzipiell war auch alles ganz nett, das Wetter wurde besser, die Landschaft ist schön, die Felswände beeindruckend, wir sahen ein paar Krokodile, Spinnenaffen und Vögel. Leider verbrachten wir mehr als 15 Minuten an einer Stelle, bis alle mitfahrenden méxicanischen Damen in unterschiedlichen Konstellationen ihr Selfie vor „schöner Aussicht“ geschossen hatten. Etwas nervig, zumal der Aufenthalt bei z.B. den Affen nur etwa 3 Minuten betrug. Ein weiterer minutenlanger Stopp war an ein paar Verkaufsbooten, die die üblichen Chips etc. verkauften. Auf dem Rückweg war dann leider keine Zeit mehr, um noch bei ein paar Krokodilen am Ufer anzuhalten. Abgesehen davon schwimmt im Rio Grijalva ziemlich viel Plastikmüll, der natürlich auch an die Ufer geschwemmt wird. Alles in allem aus unserer Sicht kein besonders gelungener Start in den Tag…
Es folgte ein kurzer Abstecher nach Tuxtla, um unsere Vorräte wieder aufzufüllen, bevor wir uns nach San Cristóbal de Las Casas auf den Weg machten. Kurz vor der Stadt war unglücklicherweise die Zufahrt zur Umgehungsstraße gesperrt, wir mussten ein paar Km durch den Ort, in dem Dank Feierabendverkehr und einem liegengebliebenen LKW das totale Verkehrschaos herrschte.
Gegen 18.30 waren wir endlich bei der Rancho San Nicolas angekommen, unserem Campingplatz für die nächsten Tage. Die Zufahrt hatte es mal wieder in sich. Eng, parkende Autos an den ungünstigsten Stellen, Äste, Kabel etc., der liebevoll gemachte Platz entschädigte dann aber dafür – nachdem wir (Uwe 😘) Ingo durch das Tor gezirkelt hatte. Beachtlich war v.a. aber der Temperaturunterschied zum Vormittag, 1.700 Hm Differenz machten sich bemerkbar. Bei 38°C waren wir in Tuxtla losgefahren, 1,5 Stunden später in San Cristóbal waren es noch angenehme 20°C…
Mittwoch, 20.03.2024
In knapp 20 Minuten waren wir zu Fuß in der hübschen und sympathischen Stadt, seit längerem mal wieder ein Pueblo Magico. Die Bevölkerung besteht zu einem hohen Anteil aus Indigenen, es gibt unzählige Cafés, Chocolaterien, Röstereien, Restaurants, kleine Geschäfte und bunte Häuser. Nach ein paar Stunden kamen wir gerade rechtzeitig zu Ingo zurück, bevor es anfing zu regnen. Auch nach längerer Überlegung fiel uns nicht ein, wann wir das zuletzt erlebt hatten…
Donnerstag, 21.03.2024
Teil zwei des Stadtbummels in San Cristóbal. Wir starteten mit dem Mirador auf dem Hügel der Iglesia de Guadalupe. Die Kirche war hübsch, der Aussichtspunkt bot allerdings keine Aussicht… Dafür konnten wir später in einer der beiden Fußgängerzonen ein tolles Bildungsprojekt beobachten. Die „Hauptstadt der indigenen Bevölkerungsgruppen“ ist voll mit Frauen und Kindern, die selbstgemachtes (???) Kunsthandwerk, Textilien oder Gebäck am Straßenrand und auf den Gehwegen verkaufen. Damit diese Kinder wenigstens den Hauch einer Ausbildung bekommen, gibt es offensichtlich mobile Lehrer, die den Zwergen direkt neben der Straße das Nötigste beibringen. Eigentlich traurig, aber wenigstens ein Ansatz !
Im weiteren Verlauf unseres Stadtspaziergangs wurden wir dann insgesamt gleich fünf Mal von unterschiedlichen Schülergruppen interviewt, die für ihre Englisch Hausaufgaben Gespräche auf Englisch führen mussten, mit einem Video als Beweis… Die Armen taten uns wirklich leid, offensichtlich war es nicht ganz einfach, die entsprechenden „Opfer“ zu finden, allzu viele Touristen bewegten sich nicht in der Stadt.
Freitag, 22.03.2024
Und nochmal ein Mirador fast ohne Aussicht, nur mit einer anderen Kirche und deutlich mehr Stufen nach oben… Der Blick vom Templo de San Cristobalito war etwas besser als der gestern, wirklich gelohnt hat sich der Aufstieg aber nicht. Zumindest nicht wegen dem Ausblick, die Kirche selbst war hübsch.
Mittlerweile hatten wir beschlossen, die sog. Semana Santa (heilige Woche) bis Ostersonntag genau dort auszusitzen, wo wir waren. Es war bis auf ziemlich nerviges Geböller in den Abendstunden erstaunlich leise. Kein Hundegebell, so gut wie keine Musik (zu keiner Uhrzeit), kein Verkehrslärm. Dazu noch die perfekte Lage fußläufig in die Stadt und ins Grüne, der Platz hübsch und die Leute nett, besser konnten wir es nicht treffen. Von sämtlichen Stränden oder sonstigen attraktiven Gegenden in der Natur und den Straßen hält man sich in dieser Woche besser fern, es wird lautstark gefeiert, getrunken und anschließend Auto gefahren – so die glaubwürdige Aussage diverser Einheimischer…
Sonntag, 24.03.2024 (Palmsonntag)
Es gibt Orte, die bleiben im Gedächtnis, Chamula ist so einer. Die Einwohner des Ortes gehören zum Volk der Tzotzils (Nachfahren der Maya), nahezu 100% sprechen die indigene Tzotzil-Sprache, fast 60% kein Spanisch, dabei beträgt der Anteil der Kinder zwischen 3 und 9 Jahren ca. 90% (lt. Wikipedia). Die Tzotzil leben ihre alte Kultur und verteidigen diese strikt gegen äußere Einflüsse. Ihr Glaube ist eine Mischung aus der Anbetung christlicher Heiliger und traditioneller Rituale. In der katholischen Pfarrkirchen werden z.B. Schamanen-Zeremonien abgehalten, in deren Verlauf ein Huhn geschlachtet wird.
Als Tourist fühlt man sich insgesamt nicht besonders willkommen, eigentlich wird man komplett ignoriert. Die einzige Aufmerksamkeit, die uns zuteil wurde bestand darin, dass mir vor der Kirche eine Ratte über die Füße lief, die mit großem Hallo von mehreren Männern verfolgt wurde…
In der Stadt herrschte ansonsten aber eine irgendwie ernsthafte und ruhige Atmosphäre, wie wir sie so in México noch nicht erlebt hatten. In der Kirche fand eine für uns völlig unverständliche Andacht statt, Tische wurden herein und wieder heraus getragen, überall brannten Kerzen, Menschen saßen auf dem Boden und hielten private Zeremonien ab (incl. geschlachteter Hühner), Kirchenbänke gibt es nicht, im Altarraum drängten sich Männer in traditionellen Trachten, es herrschte ein ständiges Kommen und Gehen.
In der Kirche gilt striktes Fotografierverbot und auch die Menschen mögen es nicht, wenn man sie oder ihre Häuser fotografiert. Bis auf die beiden Gruppenaufnahmen haben wir das respektiert, wir nehmen die Bilder im Kopf mit.
Montag, 25.03.2024 bis Donnerstag, 28.03.2024
Die Tage vergingen mit Service an und in Ingo, netten Gesprächen mit anderen Reisenden, Stadtbummeln durch San Cristóbal, Einkaufen von unglaublich günstigem Obst und Gemüse (u.a. den billigsten Ingwer aller Zeiten, 1 Peso = 5 Cent für ein ziemlich großes Stück) und nichts tun. Ein bisschen wie Urlaub, auch mal schön. Um uns herum v.a. Richtung Westen tobten sich zwei konkurrierende Kartelle aus, wir waren zum Glück weit genug weg, um davon etwas mitzubekommen.
Karfreitag, 29.03.2024
Mit méxicanischen Prozessionen haben wir irgendwie kein Glück. Wie schon Anfang Dezember letzten Jahres in Álamos waren wir etwas ernüchtert von den nur ca. 15-20 Teilnehmern der groß angekündigten Karfreitagsprozession in San Cristóbal. Später erfuhren wir, dass wir die eigentliche Veranstaltung verpasst hatten und nur einen kleinen Nebenschauplatz mitbekommen hatten.
Wir gaben dem Ganzen noch eine Chance, probierten es Abends noch einmal mit der Procesión del Silencio und hatten deutlich mehr Glück. Mehrere Gruppen unterschiedlicher Bruderschaften trugen schweigend Madonnen- und Heiligenfiguren durch die Stadt. Es entstand eine faszinierende Atmosphäre. Die Stadt war proppenvoll, überall lief Musik, Menschen schoben sich durch die Straßen, in den Restaurants und Kneipen war kaum ein Tisch zu bekommen, es wirkte wie eine riesige Partymeile in Verbindung mit Volksfest. Sobald die Prozessionen sich näherten, wurde überall die Musik ausgemacht, die Leute blieben stehen und ließen die überwiegend mit spitzen Kapuzen bekleideten Menschen vorbei ziehen.
Wir verbrachten einen schönen Abend in unterschiedlichen Kneipen und fragten uns ansonsten, was es mit diesem riesigen Pappmaché Jaguar auf sich hatte, der vor der Kathedrale aufgebaut und irgendwann verschwunden war…
Noch eine Anmerkung am Rande über ein sehr typisches Phänomen: Jede schwäbische Hausfrau mit Kittelschürze kann einpacken im Vergleich zu méxicanischen Ladenbesitzern. Ständig wird überall der Gehweg vor den Geschäften gefegt und mit Seifenwasser naß gewischt. Abgesehen davon, dass so die sowieso schon extrem unebenen Gehsteige zur Rutschpartie werden können, entsteht dadurch ein sehr sauberes Bild der Innenstädte.
Morgen werden wir einen Tag früher als geplant weiterfahren, fast zwei Wochen auf demselben Campingplatz sind mehr als genug. Die Lage an der Grenze zu Guatemala hat sich zum Glück entspannt, wir können also unsere ursprünglich angedachte Route durch den Dschungel in Angriff nehmen.
Faszinierend ! In Ruhe lesen und gedanklich „eintauchen“ , und die Beschreibung der Stimmungen und der Atmosphäre mitzuerleben !!
Auch bewundere ich Eure Disziplin, den Zeitplan einzuhalten und sei es noch so interessant!!
Ich gestehe, ich würde wohl häufig dagen verstoßen!!
Weiterhin 👍👍👍 Gruß, Gerd