Im zweiten Teil unserer USA Reise sind wir in 3 Monaten 2 Tagen 21 Stunden und 3 Minuten 9.890 Km gefahren, nach einem völlig entspannten Grenzübertritt waren wir wieder in Kanada.

Unsere Route:

Freitag, 21.04.2023

An dem kleinen Grenzübergang in Sweet Grass war so gut wie nichts los, der kanadische Grenzbeamte war super nett und nach Beantwortung von ein paar Standardfragen waren wir für maximal 6 Monate in Kanada. Vorher gingen wir allerdings zu Fuß durch endlose Gänge an den Schalter der amerikanischen Grenzbeamten, um uns einen Ausreisestempel zu holen. Unser sog. „departure record“, den in den Paß getackerten Zettel, den man bei der Ausreise wieder abgeben muss, hatten wir dummerweise schon bei der vorübergehenden Ausreise nach Mexiko abgegeben. Wir wollten im System aber auf jeden Fall als „ausgereist“ geführt werden, um bei einer erneuten Einreise keine Probleme zu bekommen. Den gewünschten Stempel bekamen wir zwar anstandslos, lernten bei der Gelegenheit aber auch gleich, dass mit den departure records nicht mehr gearbeitet wird, sondern die kanadischen Grenzbeamten die Ausreise systemisch an die USA melden (die Ein- und Ausreisehistorie kann man unter i94.cbp.dhs.gov abrufen).

Unser erstes Ziel in Kanada war nach ca. einer Stunde Fahrt das St. Mary Reservoir, ein ganz normaler Stausee in einem staatlichen Naherholungsgebiet. Der angedachte Platz war wegen des Straßenzustandes allerdings nicht erreichbar, nach ein paar Metern auf dem schlammigen Weg fuhr Ingo schon wie auf Slicks, das Profil war zu.

Matsch und Schlamm überall…

Die Alternative war ein kleiner staatlicher Campingplatz am gegenüberliegenden Ufer, etwas weiter weg von der Hauptstraße, ganz hübsch und v.a. anfahrbar. Das „bei Nässe nicht befahrbar-Schild“ kam erst unmittelbar nach der Zufahrt…

Samstag, 22.04.2023

Von dem eher langweiligen Übernachtungsplatz ging es zu einem ebenso unspektakulären Weltkulturerbe. Beim „Head-Smashed-In“ Buffalo Jump handelt es sich im Prinzip nur um eine Felsklippe und ein angegliedertes Museum. Über 5.000 Jahre lang wurde die Klippe von den Blackfoot Indianern benutzt, um Büffelherden zu jagen, indem sie diese als Büffel und Wölfe verkleidet über die 11 m hohe Felskante trieben. Gut durchdacht und sehr effektiv, das Museum gut gemacht, aber definitiv nichts, was man unbedingt gesehen haben muss. Einer Legende nach wollte einer der Indianer sich das Jagdergebnis von unten ansehen, die Büffel fielen auf ihn und begruben ihn unter sich, daher der wenig appetitliche Name „Head-Smashed-In“ (Kopf eingeschlagen).

Auf dem Weg zu unserem Übernachtungsplatz trafen wir ein paar einheimische Tiere, bevor wir bei Fort McLeod auf dem sehr Highway-nahen Old Man River Campground ankamen. Der staatliche Campingplatz war soweit ganz nett, akzeptable Alternativen gab es in der Gegend nicht und die Geräuschkulisse aus Schnellstraße und hupenden Güterzügen war halbwegs erträglich.

Sonntag, 23.04.2023

Von einem langweiligen Gewässer zum nächsten – und das über 150 Km langweilige Straßen durch endlose langweilige Getreidefelder, wahlweise Asphalt oder Schotter. Alberta überzeugt uns bisher noch nicht wirklich…

Zunächst machten wir aber einen Einkaufsstopp in Lethbridge, wo wir unseren Kühlschrank mit den bei der Einreise verbotenen Lebensmitteln wieder füllten. Zwar darf man aus den USA fast alles nach Kanada mitnehmen, Obst und Gemüse sind aber schwierig bis unmöglich und Alkohol nur sehr begrenzt erlaubt. Nach der ermüdenden Fahrt Richtung Norden erreichten wir irgendwann bei Milo das Mc Gregor Reservoir. Wieder ein staatlicher Campground, wieder an einem nicht besonders aufregenden Gewässer und wieder waren wir die einzigen. Letzteres lag wahrscheinlich daran, dass der Platz offiziell noch nicht für die Saison geöffnet hatte. Uns war es recht, Lui tobte sich auf den ca. 100 Stellplätzen aus und freute sich über die vielen Präriehund-Löcher incl. Bewohner…

Montag, 24.04.2023

Wieder ging es durch endlose abgeerntete Weizenfelder immer geradeaus, bzw. nach rechtwinkligen Richtungswechseln in eine andere Richtung geradeaus weiter. Irgendwann hatten wir es geschafft und standen plötzlich vor dem größten Badland Areal Kanadas. 

In dieser Gegend liegt der Dinosaur Provincial Park, in dem mit über 300 Stück die weltweit meisten Dinosaurier Skelette gefunden wurden, seit 1979 ist der Park UNESCO Welterbe. Zum größten Teil ist das Gelände nur im Rahmen einer Führung zu betreten, da wir mal wieder „off season“ unterwegs waren fanden leider keine statt und wir bekamen die Fossilien nur im angegliederten kleinen Museum zu Gesicht.

Wir stellten Ingo auf dem nahezu leeren riesigen Campground ab und erkundeten auf den kurzen öffentlich zugänglichen Wanderwegen die Umgebung. Wenn schon keine Führung, dann wenigstens den Vorteil ganz alleine auf den Trails unterwegs zu sein, es war wirklich rein gar nichts los. 

Dienstag, 25.04.2023

Bei einer Pause an einem kleinen Stausee trafen wir mitten in der endlosen Prärie Albertas tatsächlich auf einen der größten Wasservögel der Welt. Kein Lebensraum, wo wir den Nashornpelikan vermutet hätten… Auf jeden Fall eine schöne Unterbrechung der ansonsten wieder sterbenslangweiligen Fahrt.

Irgendwann ging die platte Landschaft wieder in Badlands über und wir erreichten kurz hinter der Stadt Drumheller einen Aussichtspunkt über den Horse Thief Canyon. Leider gab es außer ein paar Trampelpfaden keine Wege in den Canyon oder sonst irgendwo hin, der Wind wurde immer stärker und der Platz war nicht wirklich schön, dafür war die Aussicht toll und Alternativen gab es mal wieder nicht, wir blieben in Gesellschaft von zwei anderen Campern über Nacht.

Mittwoch, 26.04.2023

Der Tag begann mit dem Besuch einer winzigen Kirche. Gerade mal 3,40 m hoch und 2,10 m lang ist Kanadas kleinste Kirche, ursprünglich errichtet 1968. Lt. Infotafel bietet sie 10.000 Menschen Platz, 6 gleichzeitig – plus Pfarrer.

Es folgte der Besuch des Royal Tyrrell Museums, eröffnet 1985 und benannt nach einem kanadischen Geologen, der 1884 zufällig die ersten Dinosaurierfossilien der Gegend fand. Das Museum besitzt die weltweit meisten kompletten Saurierskelette und über 160.000 Fossilien, davon mehr als 800 in der Ausstellung. Auch wenn man wie wir eigentlich nicht so sehr auf Dinosaurier steht, das Museum ist faszinierend und gut gemacht. Bei dem Gang durch 540 Mio. Jahre Erdgeschichte sieht man u.a. einen kompletten T-Rex und das 112 Mio. Jahre alte und besterhaltene Saurierfossil der Welt.

Die gesamte Gegend, v.a. der nahe gelegene Ort Drumheller, hat sich komplett dem Dino-Hype verschrieben. Wir mögen uns gar nicht vorstellen, was hier 1997 los war, als Jurassic Park in die Kinos kam… Wir nutzen die städtische Infrastruktur und gönnten Ingo mal wieder einen Truck Wash, das ganze Streusalz der letzten Zeit musste ab !

Bei der anschließenden Stellplatzsuche legten wir einen kurzen Zwischenstopp am Aussichtspunkt über den Horseshoe Canyon ein. Vielleicht fehlte uns die Vorstellungskraft, aber eine irgendwie geartete Hufeisenform konnten wir nicht entdecken. Hübsch war die Aussicht trotzdem, für die Wanderung im Canyon fehlte uns leider die Zeit, wir mussten einen Übernachtungsplatz finden…

Fündig wurden wir schließlich in Standard, dem Herzen der Weizengrafschaft (lt. einem Schild am Ortseingang). Eine schöne Umschreibung für plattes Land mit Getreide bis zum Horizont… Das Dorf mit ca. 350 Einwohnern betreibt am Ortsrand einen kleinen Campingplatz, der aber leider offiziell geschlossen und zum größten Teil unter Schnee oder im Matsch war. Wir parkten Ingo irgendwo am Rand, was laut Aussage zweier netter Einheimischer völlig OK war und hofften auf eine ruhige Nacht.

Donnerstag, 27.04.2023

Vielleicht hätten wir mit der LkW Wäsche noch einen Tag warten sollen, ob Lui von der Sache allerdings so begeistert gewesen wäre ist zweifelhaft…

Wir verschonten unseren wasserscheuen Prinzen und fuhren weiter nach Calgary zu unserem ersten Ziel: IKEA. Auch wenn das Sortiment an Lebensmitteln deutlich kleiner ist als zu Hause, ein bisschen Heimatgefühl kam dennoch auf 😉

Nach einem Einkaufsstopp, um die Vorräte wieder aufzustocken, steuerten wir die Southcenter Mall an. Das Einkaufszentrum bietet die Möglichkeit, auf einem abgelegenen Parkplatz die Nacht zu verbringen. Wir nutzten die Gelegenheit mal wieder zu bummeln, fanden ein paar lang gesuchte Kleinigkeiten und verbrachten eine halbwegs ruhige Nacht, von den Kehrmaschinen bis kurz vor Mitternacht einmal abgesehen.

Freitag, 28.04.2023

Plötzlich war Sommer mit über 20°C, optimale Voraussetzungen für unsere Stadtbesichtigung. Selten haben wir eine Stadt mit über 1 Mio. Einwohnern erlebt, die so entspannt wirkt wie Calgary, wer eine 6-spurige Autobahn „Deerfoot Trail“ nennt, muss entspannt sein… (wörtlich: Hirschhuf Pfad). Das Zentrum der kanadischen Ölindustrie am Bow River hat uns extrem gut gefallen, es ist bunt, freundlich und die Mischung aus alt und neu macht das Ganze spannend und sympathisch. Die Aussicht vom 191 m hohen Calgary Tower über die Skyline bis zu den Rocky Mountains ist toll, der „botanische Garten“ im 4. Stock eines Einkaufszentrums irgendwie schräg aber wunderschön und die Stephen Avenue eine nette Fußgängerzone. Insgesamt hat sich der Besuch auf jeden Fall gelohnt.

Für unsere zweite Nacht in der Stadt fuhren wir zu Cabela‘s, einem Camping- und Outdoorausrüster, bei dem man auf dem Parkplatz übernachten darf. Zwar in Highway- und Flughafennähe, aber mit Ohrstöpseln wird es schon gehen. Morgen geht es wieder in die Natur, die platten Ebenen lassen wir hinter uns, es geht Richtung Berge 👍.

5 2 votes
Article Rating
Author

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments
Translate »