Es wurde stürmisch und nass am Golden Beach. Der geschotterte Zufahrtsweg soff ab und plötzlich waren wir alleine auf weiter Flur. Alle „normalen“ Vans und WoMo waren geflüchtet, wir freuten uns über Ingos 4×4, seine Bodenfreiheit und blieben, wo wir waren.

Das Wetter entwickelte sich insgesamt deutlich besser als vorhergesagt und wir nutzten die neu gewonnene Einsamkeit für ausgedehnte Spaziergänge, ohne Lui an die Leine nehmen zu müssen.

Nach vier Nächten verließen wir unseren Strandplatz und fuhren ein Stück Richtung Norden. Unser Ziel war der Elea Beach. DAS Camper Mekka auf dem Peloponnes, eigentlich nicht unser Ding, aber gut gelegen als Zwischenstopp auf dem Weg nach Patras. Für unseren Geschmack findet dort in der Regel zu viel Kommunenbildung und Dauercamping statt. Aber wir hatten Glück, es war verhältnismäßig wenig los, nur ein paar 4×4 Fahrzeuge unterschiedlicher Größe standen gut verteilt auf dem riesigen Areal.

Auf dem Weg dorthin unternahmen wir aber noch zwei Besichtigungen, die unterschiedlicher nicht hätten sein können.

Zunächst steuerten wir die Ausgrabungsstätte von Nestors Palast an. In unseren Augen muss man das nicht unbedingt gesehen haben… Ganz nett sind die Badewanne und die Gefäße zur Lagerung von Olivenöl, ansonsten geben die Mauerreste aus ca. 1400 v.Chr. für uns Banausen nicht viel her. Zumal der Palast nach einem König aus Homers Ilias benannt ist, damit in den Bereich der Mythologie gehört und ja auch niemand weiß, ob und wann Homer überhaupt gelebt hat…

Die folgende Besichtigung hatte mit Archäologe rein gar nichts zu tun. Es handelte sich um die zu Stein gewordene Phantasie eines amerikanischen Chirurgen mit griechischen Wurzeln. Dr. Harry Fournier ließ in Argrilos, der Heimatstadt seiner Vorfahren, in den 60er Jahren ein Schloss errichten, das aussieht wie aus einem Malbuch für Kinder. Leider verfällt das Gebäude, das Trojanische Pferd ist mittlerweile kopflos, die riesigen (etwas verschreckt blickenden) Statuen von Athena und Poseidon stehen aber noch. Die Idee dahinter sollte wohl u.a. sein, Menschen an die Märchen ihrer Kindheit zu erinnern. Laut einer Gedenktafel soll man die Menschen nicht nach ihrem Reichtum oder Wissen beurteilen, sondern nach dem Glück, das sie anderen bringen. Auf jeden Fall ein sehr kitschiger aber irgendwie faszinierender und schöner Ort, der uns tatsächlich lächeln ließ.

Nach einer verregneten Nacht am Elea Beach fuhren wir ca. 15 Km nach Zacharo, gaben unsere Wäsche im Waschsalon ab, erkundeten Alternativ-Stellplätze in der Nähe unserer Wäsche, fanden nichts, was uns gefiel und fuhren wieder zurück zum Elea Beach. Wir stellten uns ein bisschen weiter weg von der Allrad-LKW-Ansammlung und unternahmen nachmittags einen Spaziergang in die Dauercamper-Ecke. Für unseren Geschmack überschreitet das die Grenze dessen, was man auf fremden Grund und Boden veranstalten sollte. Gepflasterte Terrassen, Sichtschutzzäune, Wäscheleinen wohin man blickt, fest installierte Tauschbörsen im Baum etc. Morgens fährt der Bäcker durch und in den Bäumen hängt Werbung von Lieferdiensten. Das Ganze wirkt schon sehr wie jeder X-beliebige Campingplatz oder Schrebergarten, nur eben viiiieeeel cooler – und illegal. Die Gemeinde hat vor kurzem alle Wasserhähne demontiert und Betonsperren errichtet, so richtig stören tut das aber keinen… Ehrlicherweise auch uns nicht, wir parken aber auch nur unser Auto dort und errichten keine Dörfer.

Zufällig trafen wir hier auch Emy und Simon mit ihrer Hündin Jenny wieder, unsere Retter in der Türkei, als wir uns am Strand festgefahren hatten. Manchmal ist die Welt wirklich ein Dorf, wir wünschen den Dreien eine gute Heimreise und immer nur das Beste !

Abends stellten wir Dank Whatsapp-Unterstützung von Kerstin und Tom fest, dass unsere in Leonidi beantragte PAMKA Nummer freigeschaltet war (Danke ihr beiden !), wir konnten einen Termin für unsere Booster-Impfung machen. Nachdem wir am nächsten Morgen unsere Wäsche in Zacharo wieder abgeholt hatten, machten wir uns auf den Weg zum örtlichen KEP (=Bürgerbüro) und stellten fest dass es leider wegen eines Covid-Falls für die nächsten 10 Tage geschlossen war. Es folgte ein kleiner Umweg zum nächsten Büro in Dorio, ca. 20 Km von unserem Stellplatz entfernt. Die Dame dort war super nett und hilfsbereit, wir bekamen einen Impftermin für den nächsten Tag mit freier Wahl der Uhrzeit.

30 Minuten vor dem vereinbarten Termin standen wir vor dem Krankenhaus in Kyparissia, bekamen unsere Impfung in einem Container auf dem Parkplatz und waren nach 5 Minuten wieder draußen.

Da man über die Impfung direkt im Anschluss keinerlei Nachweis bekommt, fuhren wir am folgenden Vormittag nochmals zum KEP in Dorio und erhielten dort unser Zertifikat mit QR Code. Zwischen der Beantragung der PAMKA Nummer in Leonidi und dem Erhalt des Impfnachweises in Dorio lagen gerade einmal 3,5 Wochen – und das trotz diversen Feiertagen u.a. über Weihnachten. Insgesamt mussten wir drei Mal ein KEP aufsuchen, bekamen dafür aber als Touristen eine kostenlose Impfung mit Biontech und hatten es nur mit freundlichen Menschen zu tun. Χάρη στην Ελλάδα ? Danke an Griechenland!! ?

Wir verbrachten noch eine Nacht am Elea Beach um unsere kaum bzw. gar nicht vorhandenen Nebenwirkungen auszukurieren und machten uns nach fünf Tagen am Strand auf den Weg nach Olympia.

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Chris
Chris
2 Jahre zuvor

Moin,
soso, da erfährt man so nebenbei, dass Ihr Euch in der Türkei festgefahren habt und nur mir Hilfe wieder flott geworden seit….auf der anderen Seite bewunderen wir Euer Organisationstalent und die Nutzung dieser neumodischen Telefone um an so begehrte Dinge wie eine Impfung zu kommen…chapeau…und weiter so.
cu
Birgit&Chris

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