Unweigerlich kamen uns Scarlett O’Hara und Rhett Butler in den Sinn. Auch wenn Tara sehr viel imposanter war, bei diesem Anwesen sah man förmlich Clark Gable mit einem Whisky in der Hand auf der Terrasse stehen.
Donnerstag, 17.11.2022
Die ca. 1900 erbaute Villa diente einem Tuchfabrikanten als Sommerresidenz und ist heute im weitesten Sinne ein Souvenirshop auf dem Blue Ridge Parkway.
Weit kamen wir nicht mehr auf der tollen Panoramastraße, die nächste Straßensperrung ließ nicht lange auf sich warten. Fast der gesamte südliche Teil des Parkway war witterungsbedingt gesperrt, wir gaben auf und bogen ab in die Linville Gorge Wilderness.
Das Gebiet umfasst knapp 48 km2, die 610 m tiefe Schlucht ist eine von nur zwei Wildnisschluchten im Süden der USA und bietet neben unzähligen Wanderwegen tolle Stellplätze mitten im Wald. Leider war Ingo für die meisten zu groß oder sie waren zu schief, wir parkten schließlich auf einem Wanderparkplatz neben der teilweise sehr steilen und schlechten Schotterpiste.
So schlecht, dass uns beim Öffnen der Aufbautür haufenweise Blaubeeren entgegenkamen – unser Kühlschrank war aufgegangen. Bis auf die Beeren überall war aber erstaunlicherweise nichts passiert. Glück gehabt, für die Rückfahrt wurde die Tür mit Panzerband gesichert…
Freitag, 18.11.2022
Das war mit 350 Kilometern mal wieder ein reiner Fahrtag. Wir hatten keine Lust mehr auf Kälte, verließen das Appalachen Gebirge und machten Strecke Richtung Süden. Mit jeder Meile wurde es wärmer, unseren Zwischenübernachtungs-Platz bei Columbia in South Carolina erreichten wir am späten Nachmittag bei 14°C. Sehr viel angenehmer als noch morgens, wo bei -6°C der Deckenventilator der Dusche zugefroren war.
Wir parkten auf dem riesigen und fast leeren Parkplatz der öffentlichen Bootsrampe am Congaree River und drehten eine Hunderunde auf dem super gepflegten Uferweg. Wegen der evtl. vorhandenen Mitbewohner blieb Lui an der Leine… 😳
Einziger Nachteil war die direkte Nachbarschaft zur Kläranlage, die permanent leise brummte und je nach Windrichtung ein wenig müffelte. Für eine Nacht aber völlig OK und irgendwas ist ja immer 😉.
Samstag, 19.11.2022
Morgens stand zunächst die Polizei neben unserem Auto, gefolgt vom Ordnungsamt, keiner hat sich aber für uns interessiert und so starteten wir unbehelligt Richtung LIDL. Heimatgefühle kamen auf, als wir in Orangeburg Brezeln, Vollkornbrot und Bratwürste kauften 😉. Nach einem mit 10 $ relativ teuren Entsorgungsstopp an einer „Flying J“ Tankstelle in St. George erreichten wir nachmittags Savannah. Unser Plan, am Convention Center auf der Nordseite des „Little Back River“ zu übernachten, fiel leider ins Wasser. Das halbe Gelände war Baustelle und die Parkplätze wegen einer Veranstaltung belegt. Schade, der kostenlose Fähr-Shuttle in die Stadt wäre gut gewesen. Wir wichen mal wieder auf den Parkplatz einer Bootsrampe aus, ergriffen dort allerdings gegen 20.30 die Flucht. Wir waren auf den Treffpunkt und die Rennstrecke der örtlichen Cruiserszene geraten. Unglaublich, wie laut Autos sein können. Aber wie überall gilt: Die Lautstärke des Auspuffs steht in umgekehrtem Verhältnis zur Größe des Gehirns oder einem anderen Körperteil 😉 des Fahrers… Gelandet sind wir schließlich am Stadtrand auf dem Parkplatz eines Supermarktes. Vergleichsweise dunkel und leise, das hatten wir schon weitaus schlimmer…
Sonntag, 20.11.2022
Der nächtliche Regen war morgens zum Glück vorbei, kalt und bewölkt blieb es aber den gesamten Tag. Schade, diese tolle Stadt wäre bei blauem Himmel noch schöner gewesen. Savannah hat uns trotzdem ausgesprochen gut gefallen. Es herrschte eine total entspannte Atmosphäre, die Stadt besteht aus vielen kleinen Parks und einer Mischung aus toll restaurierten Häusern und ein bisschen Shabby-Style. Mitten durch die Stadt fahren riesige Containerschiffe entlang der verschachtelten alten Speicherhäuser. Extrem besucherfreundlich sind die beiden kostenlosen „Dot-Buslinien“, die durch den historischen Teil der Innenstadt und die alten Wohnviertel führen. Wie immer hatten wir zu wenig Zeit. Lui war zwar auf dem WoMo Parkplatz am Visitor Center gut aufgehoben, nach vier Stunden erlösten wir ihn aber und fuhren zurück auf unseren alten Stellplatz. Eine Weiterfahrt hätte sich nicht mehr gelohnt, ab ca. 17.00 wird es dunkel.
Montag, 21.11.2022
Unser Ziel waren die „Golden Isles“ vor Brunswick. Unterwegs kam bei uns schon die Frage auf, ob diese Inseln einfach nur gut vermarktet oder wirklich so toll sind. Wir waren gespannt auf die perfekten Strände, Biotope und vogelreichen Sumpflandschaften. St. Simons war schon mal ganz anders als erwartet, nämlich einfach nur voll. Wir quälten uns durch ineinander übergehende Orte mit ein paar Staus und beschlossen kehrt zu machen und unser Glück mit der weniger besiedelten Jeckyll Island zu versuchen.
Nach Durchquerung des Eingangsportals und Bezahlung der 12,- $ Eintritt/Tag in Form von Straßenmaut erreichten wir eine andere Welt. Leere Straßen, einsame Strände und unzählige mit Lousianamoos (spanisches Moos) bewachsene Eichen. Freies Übernachten ist auf der gesamten Insel verboten, der einzige Campingplatz war uns zu groß, zu voll und zu teuer.
Nachdem wir unsere Wassertanks an der Marina gefüllt hatten, verließen wir diese entspannte Insel und fanden einen Übernachtungsplatz in Woodbine etwas weiter im Landesinneren – mal wieder an einer Bootsrampe.
Eigentlich wollten wir von dort aus in den Okefenokee Swamp, um uns in dem 1.771 km2 großen Sumpfgebiet Alligatoren, Schlangen und Pumas anzusehen. Unglücklicherweise war die Woche mit Thanksgiving (24.11.), alle Welt hatte frei und war unterwegs, gerne irgendwo zum Campen. Der Campingplatz im Park war hoffnungslos ausgebucht, wie „entspannt“ die Bootstouren durch den Sumpf sein würden, konnten wir uns ungefähr vorstellen. Wir disponierten um und verschoben unser Sumpferlebnis auf die Gegend um New Orleans.
Dienstag, 22.11.2022
Thanksgiving machte unsere Planung schwierig. Nicht zu vergleichen mit unserem Erntedank Fest ist hier die halbe Nation auf den Beinen. Alle sind auf dem Weg zu Familie und Freunden oder irgendwo in die Natur, also genau dorthin, wo wir auch hin wollten…
Wir entschieden uns für einen staatlichen Campingplatz im Osceola National Forest bei Lake City. Ein Platz wie aus dem Bilderbuch. Mitten im Wald, so gut wie leer, riesige Parzellen mit Feuerstelle und Sitzmöglichkeit, abgelegen und ruhig – bis auf das gelegentliche Gebelle von ein paar eingesperrten Jagdhunden in der Nähe sehr gepflegt und das auch noch kostenlos 👍. Die Hinterlassenschaften des Bären auf unserem Stellplatz waren frisch, die „Managerin“ empfahl uns dringend vorsichtig zu sein, bei der letzten Hunderunde im Dunkeln sahen wir seine Spuren, getroffen haben wir ihn allerdings nicht.
Leider hatten wir keine Zeit, um hier die ganze Woche auszusitzen, es war noch weit bis zur Baja California, wo wir im Dezember mit Tanja und Gunnar verabredet sind.
Mittwoch, 23.11.2022
Nach einem Einkaufsstopp bei ALDI in Lake City (Vollkornbrot !!! 👍) erreichten wir kurz vor Tallahassee (was für ein großartiger Name) die Aucilla Wildlife Management Area. Ein riesiges Naturschutzgebiet, das vom Landesinneren bis an die Küste reicht. Unser eigentlich angepeilter Stellplatz an (schon wieder) einer Bootsrampe war uns zu voll und wir folgten einem Hinweisschild zur „WMA Area, Hickory Mound Unit“. Nach ca. 10 Km Fahrt durch den Wald auf einer privaten Schotterstraße erreichten wir ein wunderschönes Wasser- und Sumpfgebiet. Was für ein Zufallsfund ! Wir hofften nur, dass wir nicht noch offiziellen Besuch bekamen…
Donnerstag, 24.11.2022 (Thanksgiving)
Ganz ungestört war die Nacht nicht. Um 2.30 fuhr ein Pick up neben uns, entfernte sich kurze Zeit später wieder und machte im Wegfahren für einen Moment eine Sirene an. Ob das ein Scherz oder wirklich offizieller Besuch war – keine Ahnung.
Auf unserem Weg Richtung Tallahassee stoppten wir in Crawfordville an einem Waschsalon. Wahrscheinlich der einzige in den gesamten USA, der an Thanksgiving geöffnet hatte. Es war wirklich alles geschlossen, ein ungewohntes Bild in einem Land, wo man sonst fast rund um die Uhr alles bekommt.
Nur ein Stück weiter steuerten wir den Apalachicola National Forest an, ein riesiges Waldgebiet südlich Tallahassee. Kaum hatten wir uns auf dem Parkplatz neben dem Dog Lake häuslich eingerichtet, kam zufällig ein Ehrenamtlicher und empfahl uns, Ingo in die letzte Ecke außer Sicht zu quetschen. Übernachten im National Forest während der Gun Season ist verboten. Guter Tipp, wir parkten um 😉.
Unseren Spaziergang um den See absolvierten wir mit Warnwesten, was zwar bei 25°C nicht angenehm, aber dringend empfohlen ist. Es sind zu viele Menschen mit Gewehren im Wald unterwegs, die einen evtl. mit irgendeinem Wild verwechseln könnten…
Wir werden uns langsam wieder etwas weiter nach Norden bewegen, von den klassischen Südstaaten wie Mississippi und Alabama wollen wir mehr sehen als nur die Küstenregionen. Das nächste feste Ziel ist auf jeden Fall New Orleans.
Moin,
kaum hattet Ihr Kurs Süd eingeschlagen glänzte Buffalo mit 2m Schnee…geht schon los mit den falschen Reifen 🙂
und „Clark Gable mit einem Whisky in der Hand“ bereitet mir echte Schmerzen…Whiskey/Bourbon, ein Versuch, nicht mehr…Warnwesten beim Wandern…
ok, meine zugegeben subjektiven Eindrücke halten die Begeisterung in Grenzen.
my2cents
take care
Chris