Der Grenzübertritt in die Türkei hat ca. 1 Stunde gedauert, lief unter dem Strich aber völlig problemlos. Vorbei an einem Km-langen LKW Stau fuhren wir auf griechischer Seite auf der Busspur bis ganz vorne. Nach Kontrolle der Ausweise und einer etwas längeren Wartezeit, bis jemand die Schranke am Zoll öffnete, hatten wir Griechenland verlassen. Die Situation für LKW sah auf türkischer Seite nicht besser aus, auch hier fuhren wir aber an allen vorbei, der Grenzbeamte warf einen Blick in Ingo, kontrollierte die Papiere und wir waren im europäischen Teil der Türkei.

Unser erster anvisierter Stellplatz am Meer war eigentlich wunderschön, leider stand aber auf der einzigen ebenen Fläche ein Container für irgendwelche Messungen. Nach kurzer Beratung entschieden wir uns dazu, entlang der Dardanellen bis ganz in den Süden zu fahren, nochmal ca. 80 Km.

Wir fanden einen tollen Platz auf der Gallipoli Halbinsel in einem Nationalpark mit Denkmälern, Soldatenfriedhöfen und alten Bunkern. Am 25.04.1915 fand hier an der Küste eine Invasion der alliierten Truppen mit dem Ziel der Schaffung einer neuen Ostfront gegen das osmanische Reich statt. Der Plan scheiterte und ungefähr 500.000 Soldaten starben, v.a. aus Australien, Neuseeland und Tonga, weshalb dieser Tag ANZAC-Day benannt wurde. Für das türkische Volk haben diese Stätten eine sehr große Bedeutung, immerhin hat sich Kemal Atatürk, der Gründer der modernen Türkei als Offizier bei den Kämpfen große Verdienste erworben.

Davon abgesehen war die Landschaft toll und bis auf den Wind war unser Stellplatz direkt am Strand, fast am äußersten Zipfel der Halbinsel, ein Traum. Für Lui war der Start in den nächsten Tag allerdings nicht so entspannt, wir bekamen Besuch einer sehr groß gewachsenen fünfköpfigen Streunerfamilie… Insgesamt sehen wir hier bisher so viele, mehr oder weniger wild lebende, Hunde wie noch nirgends zuvor.

Da die Brücke über die Dardanellen leider erst 2023 eröffnet werden soll und wir uns den Umweg über Istanbul sparen wollten, blieb uns nichts anderes übrig als die Fähre zu nehmen, um auf das eigentliche türkische Festland zu kommen.

Nach der knapp 20 minütigen Überfahrt von Eceabat nach Çannakale erreichten wir den asiatischen Teil der Türkei und fuhren ein Stück in den Süden an den westlichen Eingang der Dardanellen. Wir fanden einen abgelegenen Platz bei einer Geschützstellung aus dem 1. Weltkrieg mit schönem Blick auf die Küste und das 42 m hohe Kriegerdenkmal von Çannakale, das an die 250.000 gefallenen osmanischen Soldaten erinnert.

Wir verbrachten einen schönen Abend mit Marie (ich hoffe das ist richtig geschrieben !!) und Ioan, unseren rumänischen Nachbarn für die Nacht, verließen diese geschichtsträchtige Gegend und machten uns auf den Weg ins Landesinnere. Auf Grund des nicht so üppigen Straßennetztes mussten wir einen kleinen Schlenker nach Nordosten machen und verbrachten die Nacht an dem hübschen See „Kuş Gölü“ bei Kuşcenneti. Der dazugehörige Nationalpark ist momentan leider geschlossen, so daß wir die hier lebenden Pelikane und Flamingos nicht zu Gesicht bekamen. Aber das ist ja nichts Neues für uns… ?. Nach dem Durchzug einer Kuh- und einer Schafherde und dem obligatorischen Besuch von zwei Hunden hatten wir eine windige, aber ansonsten ruhige Nacht.

Wir nutzten die kurzen windstillen Momente am nächsten Morgen um die 14. Länderfahne auf Ingo zu kleben und machten uns auf den Weg zum Uludağ Nationalpark südlich von Bursa.

Durch die Randgebiete von Bursa, mit 3,1 Mio. Einwohnern die viertgrößte Stadt der Türkei, fuhren wir zunächst durch enge Sträßchen steil bergauf, bis wir auf einer top ausgebauten Landstraße landeten, die uns zu unserem Ziel auf 1.745 m Höhe führte. Wir wollten auf einen Campingplatz mitten im wildreichen Nationalpark. Schwierig war schon die Rezeption zu finden, noch schwieriger aber den ca. 5 Km entfernten Platz. Der Check-in ging nur mit Übersetzungsapp, die Bezahlung von sage und schreibe 35 TL (ca. 3,50 €) konnte wegen des Wochenendes nicht bar erfolgen, die Überweisung scheiterte aber an der falschen BIC. Am Ende waren wir für eine Nacht eingeladen…

Nachdem wir den eigentlichen Platz gefunden hatten, nahm uns eine sehr nette türkische Familie, die gerade ein Picknick auf ihrem Stammplatz beendete, unter ihre Fittiche. Sie riefen ihre deutsch sprechende Nichte an, die als telefonische Dolmetscherin fungierte und boten uns ihren Platz an, incl. Wasseranschluss und Beleuchtung. V.a. warnten sie uns eindringlich vor nächtlichen Besuchen von Bären und legten uns nahe, die selbst konstruierte Beleuchtung als Abschreckung auch zu benutzen…

Der Campingplatz war als solcher so gut wie nicht zu erkennen und wirkte eher wie eine Mischung aus Picknickreal, Park- und Spielplatz. Das Ganze umgeben von selbst gebauten Hütten mitten im Wald und schönem Blick auf die umliegenden Berge – und riesigen Hotelanlagen.

Offensichtlich hatten wir Nachts tatsächlich Bärenbesuch, die Müllcontainer waren teilweise ausgeräumt. Davon mitbekommen haben weder wir noch unser Wachhund etwas…

Eigentlich wollten wir den nächsten Tag mit Kultur beginnen und uns das UNESCO Dorf Cumalıkızık bei Bursa ansehen. Der Plan scheiterte aus vielen Gründen. Es war Sonntag um die Mittagszeit, das Wetter war gut, der Parkplatz überfüllt, das Dorf völlig übervölkert. Noch ein bisschen mehr Chaos verursachten wir, als wir auf einer kleinen Kreuzung umdrehen mussten, um unverrichteter Dinge wieder zu fahren. Dann eben nicht…

Unser geplanter Stellplatz an einem kleinen See war leider auch nicht zu erreichen. Eine Zufahrtsstraße gesperrt und die andere für Ingo beim besten Willen nicht fahrbar. Am späten Nachmittag erreichten wir kurz vor Eskişehir unsere zweite Wahl, ein schönes Plateau auf ca. 1.000 m Höhe. Wir standen umgeben von Feldern und vorbeiziehenden Schafherden in herrlicher Ruhe.

Der Spaziergang nach der Ankunft fiel etwas länger aus als geplant, ein paar der Herdenschutzhunde fanden es nicht gut, dass wir uns Ingo und damit der dahinter weidenden Herde näherten…

Die nächste Etappe war relativ kurz. Nach einem Zwischenstopp in Eskişehir zum Einkaufen fuhren wir durch endlos plattes Land, bis sich irgendwann in der Ebene bei Karakaya Granitfelsen erhoben. Unser Ziel war ein Picknickgelände direkt nebenan. Das Gebiet ist bei Kletterern sehr beliebt und liegt inmitten eines riesigen Tagebauareals zum Goldabbau. Unser Platz war eigentlich sehr schön: unter Bäumen und direkt neben den skurrilen Felsformationen. Das einzige Problem waren mal wieder die Streuner. Mit der hinkenden Hündin wären Lui und wir vielleicht noch klar gekommen, nicht aber mit dem dann noch auftauchenden Rüden in Begleitung einer weiteren Hündin. 

Wir brachen unsere Zelte ab und fuhren kurz vor Dunkelheit ein paar hundert Meter weiter auf einen alten Fußballplatz. 

Die unglaublich vielen Streuner entwickeln sich langsam zum Problem. Wo man anhalten kann und Menschen oder Müllcontainer in der Nähe sind, gibt es auch herrenlose Hunde en masse. Selbst ohne Lui, der darauf überhaupt keine Lust hat, würde uns das irgendwie auf die Nerven gehen. Mal sehen, wie wir damit auf Dauer klar kommen…

Auf unserem weiteren Weg Richtung Südosten streiften wir die 5,7 Mio. Metropole Ankara. In einem Umkreis von ca. 20 Km um die Stadt stehen auf fast allen Hügeln am Rande der wüstenähnlichen Landschaft Gruppen von riesigen Hochhäusern bzw. werden neu errichtet. Bei einem Zuzug von jährlich ca. 100.000 Menschen vielleicht die einzige Alternative… Auf jeden Fall wirkt das Ganze ziemlich skurril.

 Unterwegs kamen wir an diversen Obst- und Gemüseständen auf dem Pannenstreifen der autobahnähnlichen Straße und mal wieder einem riesigen Monument als Erinnerung an den Griechisch-Türkischen Krieg 1921 (Schlacht von Sakarya) vorbei. 

Kurze Zeit später erreichten wir unseren Stellplatz für die Nacht. Mitten im Nationalpark Beynam Ormanı, umgeben von unzähligen Pinien und mit Blick über die karge Landschaft um Ankara, fanden wir nach langer Suche zu Fuß den wahrscheinlich einzig möglichen Platz für Ingo. Nicht der schönste, gegenüber von einem alten WC-Container, aber dafür ohne tief hängende Äste. 

Und natürlich stießen wir auch hier auf einen streunenden Hund, der aber so scheu war, dass er kein Problem darstellte.  

Der See ist mit einem Salzanteil von 32,9 % einer der salzhaltigsten Seen der Welt und mit einer Fläche von 1.665 km2 der zweitgrößte See der Türkei. Nachdem ein Hirte mit seinen 231 Schafen und Ziegen und 5 Hunden vorbeigezogen war, standen wir völlig alleine und in absoluter Ruhe vor dieser phantastischen Kulisse.

Unser bisheriges Fazit nach einer Woche Türkei: Ein landschaftlich abwechslungsreiches Land mit unglaublich hilfsbereiten und gastfreundlichen Menschen. Leider wie oben schon oft erwähnt mit unglaublich vielen Streunern und Müll in der Natur. Wir sind gespannt was noch kommt und freuen uns auf mehr !

Und noch eine Frage an alle am Schluss: Kann uns irgendjemand erklären was es mit der Geschwindigkeitsbeschränkung von 82 Km/h auf sich hat ? Warum 82 und nicht 80 ??? ?

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Sylvia
Sylvia
1 Jahr zuvor

Die 82 sind deswegen, damit mindestens 90kmh eingehalten wird. Es gibt eine Toleranz von 10 %, die man schneller fahren darf ohne Strafe. 10% von 80 ist 8… 90-8 =82. Irgendwie so ist die Logik 🙂

Markus Schröppel
Markus Schröppel
3 Jahre zuvor

An vielen Straßen außerhalb der Ortschaft sieht man Schilder mit 82 km/h Höchstgeschwindigkeit. Was bedeutet das? Im Jahre 2014 wurde erlassen (Verkehrskoordinationszentrum UKOME), dass die Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h für die Ortschaften um max. 32 %, also max. 82 km/ h für die Anbindungsstraßen sein darf. Hier dürfen Sie also max. 82 km/h fahren.


Alex Bond
Alex Bond
1 Jahr zuvor

50 km/h +32% = 66 km/h

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