Die Fahrt vom Euphrat nach Göbekli Tepe verlief völlig unspektakulär und am frühen Nachmittag erreichten wir unser Ziel für die Nacht.

Hirtennachwuchs unterwegs

Wir standen ca. 2 Km von den Ausgrabungen entfernt in einem kleinen Pinienwäldchen, ziemlich schief, inmitten von reichlich Müll und mit dem Rauschen der naheliegender Schnellstraße als Geräuschkulisse. Für eine Nacht war es aber völlig OK, die Besichtigung des Tempels verschoben wir auf den nächsten Morgen.

Es zahlte sich aus dass wir eine kurze Anfahrt hatten und die archäologische Stätte direkt nach Öffnung erreichten. Während unseres Aufenthalts füllte sich die Anlage zusehends. Nach dem Besuch des gut gemachten kleinen Museums ging es mit einem Shuttlebus zur eigentlichen Ausgrabung.

Es handelt sich um die älteste bekannte Tempelanlage der Menschheitsgeschichte, ca. 11.000 Jahre alt mit bis zu 6 m hohen und 20 Tonnen schweren Pfeilern. Faszinierend ist v.a., zu was die Menschen in der Steinzeit fähig waren, dass bisher nur ca. 1,5% des Areals freigelegt wurden und die Vorstellung, dass es Göbekli Tepe schon 6.500 Jahre gab, als z.B. die Pyramiden gebaut wurden.

Wir machten einen kurzen Abstecher Richtung Şanlıurfa, wo wir an einer Tankstelle Wasser auffüllten und Ingo von Yasin, dem Besitzer persönlich, eine Wäsche geschenkt bekam ??.

Anschließend ging es zurück in den Pinienhain, diesmal an eine andere Stelle. Wir standen fast gerade, fast ohne Müll und umgeben von reichlich Bäumen für die Wäscheleine.

Nach unserer zweiten Nacht in dieser Gegend machten wir uns auf den Weg Richtung Nordosten. Als nächstes Ziel stand Nemrut Dağı auf dem Plan, eine Grabstätte mit ca. neun Meter hohen Steinskulpturen auf einem 2.050 m hohen Berg.

Wir machten einen kurzen Abstecher zum Atatürk Barajı, einem Stausee 1,5 mal so groß wie der Bodensee, mit der neuntgrößten Staumauer der Welt (gemessen am Schüttvolumen des Staudamms). Ein beeindruckendes Bauwerk, wenn man die Auswirkungen auf die Umwelt außer Acht lässt…

Unser geplanter Stellplatz, ein großes Picknickareal fiel leider flach. Es war Sonntag und das gesamte Areal war voll mit Hochzeitsgesellschaften. Also weIterfahren bis zu einem weitläufigen Flußbett, wo es uns aber auch nicht gefiel. Sehr einsehbar von der Straße und genau gegenüber einer römischen Brücke, die als beliebte Sehenswürdigkeit gilt und sehr gut besucht war (leider wegen Gegenlicht kein Foto…). Mittlerweile waren wir fast am Nationalpark Nemrut Dağı angekommen und beschlossen, bis kurz vor die Ausgrabungen zu fahren und dort die Nacht zu verbringen. Nach 5 Stunden Fahrt reichte es uns und wir stellten uns auf eine kleine Schotterfläche neben der Straße.

Das faszinierendste waren die Unmengen an Minibussen, die Touristen zum Sonnenuntergang zu den Statuen fuhren. Am nächsten Tag erfuhren wir, dass 3.000 Menschen auf dem Berg waren, die sich das Schauspiel nicht entgehen lassen wollten. Wir verzichteten auf das Spektakel und besichtigten das Areal am nächsten Morgen bei normalem Licht und als einzige Besucher.

Das Ganze ist die Grabstätte von König Antiochos I. Theos (69 – 36 v.Chr.) und besteht aus einem aufgeschütteten Hügel auf dem Gipfel des Berges und drei Terrassen. Auf zwei davon stehen 8 – 10 m hohe, heute kopflose Statuen. Die Häupter sind davor aufgestellt. Beeindruckend sind die Ausgrabungen nicht nur wegen der gut erhaltenen Skulpturen, sondern auch wegen dem tollen 360° Berg-Panorama, das sie umgibt.

Wir hatten Ingo am Besucherzentrum geparkt und waren zu Fuß zur Ausgrabung gegangen. Nach den 300 Höhenmetern noch vor dem Frühstück machten wir uns weiter Richtung Osten auf den Weg und landeten mal wieder am Euphrat. Unser Platz für die Nacht lag direkt über dem Fluß, mit schöner Aussicht, umgeben von ein paar Feldern und herrlich ruhig.

Auf dem Weg zu unserem Stellplatz waren wir an einem Bauernhof vorbei gefahren und hatten uns kurz mit dem Besitzer unterhalten. Der sehr nette Herr kam dann abends mit seiner Frau noch vorbei und hat uns in Summe ungefähr 10 Kg Obst und Gemüse geschenkt. Von Feigen, Granatäpfeln über Trauben bis Paprika und Chili war alles dabei. Wahnsinnig viel und wahnsinnig nett ?.

Nach einem Einkaufsstopp in Diyarbakır erreichten wir am Nachmittag einen kleinen See, an dem wir die Nacht verbringen wollten. Kaum angekommen, hielt ein Traktor und zwei Herren gaben uns zu verstehen, dass wir nicht bleiben können. Nach kurzer Diskussion ging es dann aber doch, allerdings hielt ein paar Minuten später das nächste Auto, diesmal besetzt mit drei Männern. Es handelte sich u.a. wohl um den (deutsch sprechenden) Besitzer des Landes, auf dem wir standen. Die Einladung zum Abendessen in seinem Haus konnten wir mit Mühe ausschlagen, wir mussten uns schließlich um die geschenkten Lebensmittel vom Vortag kümmern… Zum Tee am nächsten Morgen waren wir am Ende aber verabredet.

Der Tee entpuppte sich dann als üppiges und sehr leckeres Frühstück im Haus von Mehmet Şerıf und seiner Familie, denen das gesamte umliegende Land gehört incl. einer Fabrik und des Sees, an dem wir die Nacht verbracht hatten. Ein kurdischer Großgrundbesitzer im klassischen Sinn und wahnsinnig gastfreundlich.

Unsere Etappe für den Tag war angenehm kurz, nach ca. 100 km kamen wir am Batman Barajı an. Wir fanden einen schönen Platz oberhalb des Sees, umgeben vom menschenleeren Malabadi Tabiat Naturpark, zwei leerstehenden Gebäuden und mal wieder Müll. Die einzigen Lebewesen, die wir zu Gesicht bekamen, waren ein paar Lachmöwen und ein einsames Schaf.

Zwei Tage später, am 29.10., stand der türkische Nationalfeiertag „Tag der Republik“ an. Die Feierlichkeiten beginnen aber überall schon einen Tag vorher um die Mittagszeit. Wir beschlossen, uns davon fern zu halten, blieben in dem Naturpark, wechselten aber unseren Standort und fuhren ein paar Kilometer weiter auf eine andere Landzunge.

Umgeben von ganz viel Natur verbrachten wir zwei entspannte Tage, bevor wir uns Richtung Van Gölü auf den Weg machten. Unser eigentliches Ziel war aber nicht der riesige Van See (siebenmal so groß wie der Bodensee), sondern der Nemrut Gölü, ein kleiner Kratersee etwas westlich davon.

Seit langem hatten wir mal wieder einen Regentag, den wir „sinnvoll gestalteten“, indem wir ihn als Recherchetag nutzten und gleichzeitig die Feiern zum Tag der Republik umgingen. Am Ende des Tages waren wir sehr viel schlauer, was die Verschiffung und die Flüge nach Kanada anbelangt und waren mit unserer Inhaltsliste für die Versicherung weiter gekommen.

Das Wetter besserte sich leider nicht, im Gegenteil. Die gesamte Fahrtstrecke am nächsten Tag hatten wir mehr oder weniger Dauerregen – und eine 2,5 stündige Vollsperrung wegen eines Unfalls unterwegs. Dadurch erreichten wir unser Ziel, die Passhöhe vor dem Nemrut Krater, erst relativ spät, bzw. gar nicht. Der Pass auf ca. 2.500 m Höhe war schneebedeckt und lag in den Wolken, wir hielten also etwas unterhalb auf dem Parkplatz eines Skiliftes, gegenüber von einem verlassenen Hotel. Kein Traumplatz, aber für eine Nacht OK. Leider war die Wettervorhersage für die nächsten Tage nicht besonders gut, wir hofften auf eine Regenpause für den Besuch des Kratersees…

Nach einer durchregneten Nacht überquerten wir am nächsten Morgen auf Schotter- und Kopfsteinpflasterstraßen die Passhöhe. Die Sicht war leider gleich Null. Nebel und Regen machten es unmöglich, von dieser tollen Landschaft irgend etwas zu sehen. 

Zunächst passierten wir den kleinen Ilı Gölü, bevor wir am Nemrut Krater Gölü ankamen. Wir hatten den Parkplatz für uns alleine und nutzten die erste Regenpause für eine Erkundungsrunde. 

Kaum waren wir zurück, war es vorbei mit der Ruhe. U.a. hatten wir den gesamten Nachmittag Gesellschaft einer kompletten männlichen Minibus-Besatzung im Teenager-Alter, die vor Ingo Fußball spielten, grillten und irgendwie die Nähe unseres Zuhauses suchten… Davon abgesehen herrschte ein ständiges Kommen und Gehen von Familien und Ausflugsgruppen. 

Der Nachmittag war trocken, es war Sonntag und alle nutzten das halbwegs akzeptable Wetter für einen Picknick Ausflug – verständlicherweise…

Irgendwann kehrte aber Ruhe ein und wir verbrachten eine totenstille Nacht und einen entspannten Morgen in dieser schönen Gegend. 

Der Nemrut Gölü entstand bei einer Explosion vor ca. 60.000 Jahren, bei der der Gipfel des Berges Nemrut weggeschleudert wurde und ist mit ca. 7 Km Durchmesser einer der größten Kraterseen der Welt.

Der nächste Morgen war trocken und zunächst sogar sonnig. So konnten wir auf dem Rückweg noch ein bisschen von der Landschaft sehen, die uns in weiten Teilen an Schottland erinnert hat.

Zunächst ging es auf bekannten Straßen zurück an „unseren“ Stausee Batman Barajı, wieder vorbei an kleinen Salzgewinnungsanlagen mit dem dazugehörigen Straßenverkauf und diesmal ohne Vollsperrung…

Wir bewegen uns ab jetzt langsam Richtung Küste, wo wir die kälteren Wintermonate verbringen wollen.

Bisher sind wir von der Türkei sehr angetan, sehr abwechslungsreiche und tolle Landschaften und unglaublich nette Menschen. Wenn man vom Müll und den Streunern absieht, kann es gerne so weiter gehen ??.

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Chris
Chris
2 Jahre zuvor
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Moin, die Verlinkung „es gibt was neues“ führte auf den engl,sprachigen Teil Eures Blogs und da war der Kommentar zu sehen, im deutschen dagegen nicht. Und nun fehlt die Sprachauswahl….das nur am Rande. Von den Beispielen der gastfreundschaftlichen Begegnungen sind wir besonders angetan, schön das es sowas noch gibt. Weiterhin tolle Erlebnisse auf den Weg zur Küste.
Wir haben schon mal vorgesorgt um den Erregern keine Chance zu bieten….
bis die Tage
Birgit &Chris

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