Und wieder Wild West-Feeling, diesmal allerdings nicht als Geisterstadt. Jackson ist eine Western-Stadt wie aus dem Bilderbuch.
Unsere Route:
Sonntag, 27.08.2023
Etwas südlich des Grand Teton Nationalparks liegt der Ort Jackson. Wenn man durch die Stadt schlendert, hat man das Gefühl, dass sich mindestens genauso viele Touristen wie im Nationalpark auf den Holzgehwegen durch die Straßen schieben. Das Ganze wirkt wie eine riesige Filmkulisse und ist natürlich sehr touristisch, trotzdem hat uns das Örtchen irgendwie gefallen. Der Central Square, eingerahmt durch vier Tore aus Wapitihirsch Geweihen, ist jeden Abend Schauplatz einer Schießerei und zweimal in der Woche findet in der Stadt ein Rodeo statt, beides haben wir „leider“ verpasst.
Nach dem sehr kurzweiligen Stadtbummel verließen wir Wyoming und überquerten die Grenze nach Idaho, dem Staat mit den besten Kartoffeln 😉.
Unser Ziel war Idaho Falls, mit ca. 65.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt des Staates, für uns nur ein Zwischenstopp auf dem Weg nach Westen. Wir parkten Ingo auf dem abgelegensten Cabela’s-Parkplatz, den wir jemals gesehen hatten und verbrachten eine den Umständen entsprechende sehr ruhige Nacht.
Montag, 28.08.2023
Die Strecke Richtung Westen führte permanent geradeaus durch endlose Felder und Prärielandschaften, die einzige Abwechslung nach ca. 100 Km war das „EBR-1“ (Experimental Breeder Reactor-1). Das Museum mitten im Nirgendwo ist der weltweit erste Kernreaktor, der Atomstrom erzeugt hat. Am 20.12.1951 leuchteten vier Glühbirnen, kurze Zeit später wurde ein nahe gelegenes Dorf mit dem erzeugten Strom versorgt.
Eine halbe Stunde später erreichten wir kurz vor dem „Craters Of The Moon“ National Monument einen ganz netten Stellplatz auf BLM Land. Dachten wir zumindest. Wir waren noch gar nicht ganz angekommen, da erschien Monty in seinem Pick Up und erklärte Uwe durch das offene Fenster, dass wir auf seinem Land stehen würden. Zum allgemeinen Wohlfühlklima trug nicht unbedingt bei, dass im ersten Teil des Gesprächs eine gespannte Pistole unter Montys Hand auf der Mittelkonsole lag… Nach ein paar Minuten entspannte sich die Lage, wir unterhielten uns ganz nett und konnten für eine Nacht stehen bleiben.
Dienstag, 29.08.2023
Die Nacht war totenstill und wäre nicht die brennende Straßenlaterne mitten in der Prärie gestanden (🤪), wäre es auch himmlisch dunkel gewesen. Die Fahrtstrecke am nächsten Morgen war kurz, nach knapp 5 Km erreichten wir das „Craters of the Moon“ National Monument.
Wir quartierten uns für zwei Tage auf dem „Lava Flow Campground“ ein, tatsächlich stand Ingo mitten im Lavafeld. Auf jeden Fall eine gute Ausgangslage, um das Gebiet mit den Fahrrädern über die 11 Km lange Panoramastraße zu erkunden. Wenn man karge Landschaften mag, ist man hier genau richtig, immerhin haben sich hier 1969 die NASA Astronauten auf ihre Mondmission vorbereitet. Die Landschaft entstand durch Vulkanausbrüche, die zwischen 15.000 bis zu 2.000 Jahren zurückliegen. Geologen gehen davon aus, dass weitere Ausbrüche möglich sind.
Mittwoch, 30.08.2023
Uwes Geburtstag war stürmisch ! Wir kämpften uns mit den Fahrrädern durch den Sturm und begannen mit einem kurzen Spaziergang auf den Inferno Cone. Auf einem der weltweit größten Vulkangestein Kegel pfiff uns der Wind ordentlich um die Ohren und teilweise hatten wir Mühe uns gerade auf den Beinen zu halten, die Aussicht von dort oben war aber toll.
Die anschließende Wanderung zu lavabedeckten Bäumen war nicht halb so spannend wie wir erwartet hatten, der Weg entlang eines riesigen Lavafeldes war aber trotzdem ganz abwechslungsreich.
Das Beste hoben wir uns bis zum Schluß auf. Von mehreren Lava Tunneln im Park waren momentan nur zwei geöffnet, in den anderen durften sich die Fledermäuse gerade von den Touristen erholen. Wir entschieden uns für den 250 m langen „Indian Tunnel“ mit ein paar großen Deckenöffnungen, dank derer man seine Umgebung noch wahrnehmen konnte. Nach ein paar harmlosen Kletterpartien kamen wir am anderen Ende durch ein kleines Loch wieder an die Oberfläche.
Uns hat der „Craters of the Moon“ gut gefallen, mal eine andere Landschaft, eine angenehm überschaubare Größe und v.a. überhaupt nicht überlaufen. Und dann hatten wir auch noch eine fast zufällige und nette Begegnung auf dem Campingplatz mit Anita und Peter, unseren „Polarsteps-Verfolgern“ aus der Schweiz. Danke für’s vorbei kommen ! Bis hoffentlich bald mal wieder 🤗.
Donnerstag, 31.08.2023
Wir bauten unseren Umweg nach Salt Lake City noch ein bisschen aus und machten einen weiteren Schwenk in die falsche Richtung, immerhin aber auch in den Süden… 150 Km südwestlich lag das „City of Rocks“ National Reserve, offensichtlich ein Kletterparadies, dessen Granitfelsen die frühen Siedler an Kathedralen, Stufen, Badewannen und Fenster o.ä. erinnerten und in ihrer Gesamtheit wohl das Bild einer Stadt abgeben. Wir holten uns im Visitor Center das beste Verzeichnis über BLM-Land aller Zeiten, parkten Ingo auf einem der vielen Möglichkeiten und verschoben den Besuch des Parks auf Freitag.
Besonders überrascht waren wir davon, dass in der Gegend so gut wie gar nichts los war – und das trotz des bevorstehenden langen Wochenende mit dem Labour Day am Montag. Traditionell der Abschluss der Campingsaison, wo es eigentlich überall voll ist.
Freitag, 01.09.2023
Nach einer „kleinen“ Stärkung (😉) aus dem historischen General Store fuhren wir in die City of Rocks.
Immer noch war es überall leer, kaum ein Mensch unterwegs und wir hatten das faszinierende Areal fast für uns alleine. Riesige Granitfelsen wachsen in einer unüberschaubaren Ebene aus dem Boden und das auf einer Fläche von ca. 58 Km2.
Die meisten haben wohlklingende, die Phantasie anregende Namen und je länger man sie ansieht, umso mehr erinnern sie tatsächlich an irgend etwas…
Zwischen 1843 und 1882 zogen über 200.000 Emigranten auf ihrem Weg nach Westen durch das Tal, einige hinterließen ihre Namen oder Botschaften auf den Felsen.
Nach einem schönen, wenn auch mal wieder sehr stürmischen Tag suchten wir uns einen Stellplatz in der Nähe. Wieder auf BLM Land, diesmal allerdings mit 4×4 Anfahrt und deutlichem Hinweis, nicht zu früh seine Zelte aufzuschlagen…
Samstag, 02.09.2023
Es gibt Tage, die eigentlich keine besondere Erwähnung verdienen, das war so einer. Außer der Überschreitung der Grenze nach Utah, dem Besuch eines Waschsalons und einer Übernachtung bei Cabela’s (incl. der leider so typischen Generator-Geräuschkulisse durch unsere Nachbarn) war nichts passiert. Morgen schauen wir uns Salt Lake City an.
Sonntag, 03.09.2023
Wir parkten Ingo mitten in der Stadt auf einem riesigen und völlig leeren Parkplatz und machten uns auf Weg, um die ebenso leere Stadt zu besichtigen. Salt Lake City war wie ausgestorben, wobei wir dieses Phänomen Sonntags schon in einigen anderen Städten beobachten konnten.
Die Hauptstadt Utahs besteht auf den ersten Blick eigentlich nur aus dem 40.000 m2 großen Temple Square und dem über der Stadt thronenden Capitol. Obwohl man mit ein bisschen Anstrengung auch noch etwas anderes zum Anschauen finden kann 😉.
Wir begannen mit dem Aufstieg auf den Capitol Hill und der Besichtigung des 1916 fertig gestellten Regierungsgebäudes, das erstaunlicherweise ohne irgendeine Form der Sicherheitskontrolle auch von innen zugänglich war. Ein sehr repräsentativer Bau, auch wenn die Architektur bei sämtlichen Capitols der Bundesstaaten eigentlich immer identisch ist.
Salt Lake City ist aber in erster Linie bekannt als die Hauptstadt der Mormonen, die sich 2018 umbenannten in „The Church Of Jesus Christ Of Latter-Day Saints“ (Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage).
Joseph Smith, der Gründer der Glaubensgemeinschaft wurde 1844 ermordet, sein Nachfolger Brigham Young war offensichtlich ein sehr charismatischer Mensch und überzeugte seine Anhänger vom damals nahezu unberührten Utah, wo er um 1846 Salt Lake City gründete. Er war mit 17 Frauen verheiratet, hat die Kirche reorganisiert und war nebenbei Gouverneur Utahs. Heute haben die „Mormonen“ weltweit 16 Mio. Mitglieder und sind die viertgrößte Glaubensgemeinschaft der USA.
Was uns in erster Linie auffiel, waren die unzähligen, sehr netten und hilfsbereiten „Schwestern“ aus aller Welt, die mit Namensschild incl. Länderflagge des Herkunftslandes ausgestattet in der Stadt unterwegs waren und alle Fragen beantworten, bevor man sie überhaupt gestellt hatte. Wie in anderen Glaubensrichtungen auch sind die Versammlungsstätten riesig und pompös, alleine das Conference Center umfasst 130.000 m2, der darin befindliche dreistöckige Saal für eine zwei mal jährlich stattfindende Versammlung fasst 21.000 Menschen.
Was uns aber wirklich beeindruckte, war ein kurzes Orgelkonzert im 5.000 Menschen fassenden „Tabernacle“. Das 1867 fertig gestellte Konzerthaus hat u.a. Dank dem Putz beigemischten Tierhaaren eine unglaubliche Akustik. Auch in der letzten Reihe hört man das Zerreißen eines Blatt Papiers auf der Bühne. Vielleicht hätte Yasuhisa Toyota sich das als Beispiel nehmen können und damit die Kosten der Elbphilharmonie etwas senken können ? Die Orgel mit heute 11.623 Pfeifen hat mit ihrer riesigen Bandbreite auch Laien wie uns begeistert.
Der Temple Square selbst war leider eine riesige Baustelle, der „Salt Lake Temple“, der größte Tempel der „Mormonen“, wird seit 2020 zum erdbebensicheren Gebäude umgebaut. Ein beeindruckendes Bauvorhaben, das 2026 fertiggestellt sein soll und bei dem das gesamte Gebäude nachträglich auf schwingende Rohre gestellt wird (sehr laienhaft ausgedrückt).
Vielleicht lag es an der Tatsache, dass die „Mormonen“ weder Kaffee noch schwarzen Tee trinken dürfen, aber das schwierigste an dem Tag war das Auftreiben eines Coffee Shops für den Nachmittags-Kaffee.
Nach einer kleinen Odyssee zur Stellplatzsuche landeten wir wieder bei Cabela’s und hofften, dass nicht wieder um 4.30 die Kehrmaschine über den Platz fahren würde…
Montag, 04.09.2023
Die Kehrmaschine wurde durch einen LKW ersetzt, der Metallteile in einen Metallbehälter kippte, die Uhrzeit blieb…
Nach dem wie immer etwas anstrengenden Stadtbesuch fuhren wir wieder auf‘s Land, wir wollten zu dem Salzsee 150 Km westlich von Salt Lake City, über den die bekannte Hochgeschwindigkeits-Rennstrecke „Bonneville Speedway“ verläuft.
Unterwegs kamen wir an einer ziemlich heruntergekommenen Replik eines prunkvollen Seebades aus dem Jahre 1893 vorbei. Offensichtlich wird das 1993 errichtete Double heute als Club für Konzerte genutzt. Irgendwie passte das riesige „Taj Mahal“ nicht so recht in die Landschaft.
Die Strecke war fahrerisch ziemlich langweilig, es ging im Prinzip die ganze Zeit nur geradeaus. Zunächst über den „Great Salt Lake“, dann über die „Bonneville Salt Flats“.
Der große Salzsee ist der größte Salzwassersee der westlichen Halbkugel und hat einen extrem hohen Salzgehalt zwischen 5% und 28%, im Vergleich zum Meer mit durchschnittlich 3%.
Wir fanden die riesigen „Salt Flats“ faszinierend u.a. durch ihre Weite, das sie umgebende Gebirge und die Tatsache, dass man über das Wasser gehen kann…
Der „Bonneville Speedway“ ist ein 10 Meilen langes markiertes Teilstück auf dem Salzsee und Schauplatz zahlreicher Geschwindigkeitsrekorde. 1960 erreichte man hier das erste Mal eine Geschwindigkeit über 400 mph (=640 Km/h), das schnellste E-Fahrzeug fuhr 2016 immerhin 549 km/h, der schnellste Bagger erreichte 2007 stattliche 235,4 km/h. Der aktuelle Geschwindigkeitsrekord liegt bei 757,5 km/h, aufgestellt im Jahre 2020 mit einem sog. Streamliner, der stark an eine Bodenrakete erinnert…
Der Zugang zum „Bonneville Speedway“ war leider unter Wasser. Schade, wir (v.a. ich 👸🏻) wären mit Ingo gerne einmal über die Rennstrecke gefahren (auch wenn ihm das Salz bestimmt nicht besonders gut getan hätte…). Das Befahren der Strecke nützt momentan aber v.a. „Salt Flat Towing“ (Salt Flat Abschleppdienst), der dazu benötigte Bagger wird mit einem „normalen“ LkW zum jeweiligen Kunden gebracht.
Wir suchten uns ein Quartier ganz in der Nähe und fanden einen schönen Stellplatz in den Hügeln mit Blick auf den Salzsee. Wir werden hier zwei Nächte verbringen, die Ruhe und die tolle Landschaft genießen. Das nächste Ziel ist der „Great Basin Nationalpark“ etwas südlich von uns.